Bei der Einführung von Künstlicher Intelligenz (KI) in einem Unternehmen, in dem ein Betriebsrat besteht, muss der Arbeitgeber gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) die Mitbestimmung des Betriebsrats beachten. Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, wenn technische Einrichtungen eingesetzt werden, die dazu geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Dies ist in Bezug auf den Einsatz von KI oft der Fall.
Zusätzlich sind die Unterrichtungs- und Beratungsrechte gemäß § 90 BetrVG, § 92 BetrVG sowie das Mitbestimmungsrecht gemäß § 95 Abs. 2a BetrVG zu berücksichtigen. Der Betriebsrat hat gemäß § 80 Abs. 3 S. 2 BetrVG auch das Recht, einen Sachverständigen hinzuzuziehen, um die KI zu bewerten, sofern dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.
Der Betriebsrat ist eine bedeutende Institution, die dazu dient, die Interessen der vertretenen Arbeitnehmer zu vertreten und zu schützen. Dabei hat er bestimmte Mitbestimmungsrechte, die durch verschiedene Regelungen, wie zum Beispiel § 87 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG), festgelegt sind. Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat das Recht, in Fragen der Betriebsordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb mitzubestimmen.
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bezieht sich vor allem auf Aspekte des gemeinsamen Zusammenlebens und der kollektiven Zusammenarbeit der Beschäftigten im Unternehmen. Um sicherzustellen, dass die Beschäftigten in gleichberechtigter Weise an der Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens teilhaben können, müssen Vorgaben des Arbeitgebers, die das Verhalten der Beschäftigten beeinflussen, die Zustimmung des Betriebsrats erhalten. Dies bezieht sich insbesondere auf Maßnahmen, die das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer betreffen, wie die Gestaltung des kollektiven Miteinanders und die Aufrechterhaltung der betrieblichen Ordnung.
Maßnahmen, die das Arbeitsverhalten der Beschäftigten regeln, fallen dagegen nicht unter das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Hierzu zählen beispielsweise Anweisungen zur konkreten Arbeitsausführung gemäß dem Weisungsrecht des Arbeitgebers im Arbeitsvertrag. Diese Maßnahmen sind als mitbestimmungsfrei anzusehen.
Die Abgrenzung zwischen mitbestimmungspflichtigen und mitbestimmungsfreien Maßnahmen des Arbeitgebers kann jedoch in der Praxis schwierig sein und zu Streitigkeiten führen. Ein aktuelles Beispiel dafür ist der Konflikt zwischen einem Betriebsrat und einem Arbeitgeber über die Einführung von KI-Techniken im Betrieb. In einem Fall vor dem Arbeitsgericht Hamburg (Az.: 24 BVGa 1/24) wurde im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes über die Frage verhandelt, ob der Betriebsrat ein Mitspracherecht bei der Einführung dieser Technologien hat oder ob diese als mitbestimmungsfrei gelten.
Das Unternehmen hat im Intranet umfangreiche Richtlinien zum Umgang mit künstlicher Intelligenz veröffentlicht. Diese beinhalten die „Guidelines for Generative AI Utilization“, die „Generative AI-Richtlinie Version 1“ und das Handbuch „Generative AI Manual ver.1.0“. In diesen Richtlinien werden den Mitarbeitern klare Vorgaben gemacht, wie sie IT-Tools mit künstlicher Intelligenz in ihrer Arbeit nutzen sollen. Zusätzlich hat das Unternehmen eine Erklärung an die Mitarbeiter veröffentlicht, in der sie über die KI-Leitlinien informiert und dazu ermutigt werden, die generative KI als neues Werkzeug zur Unterstützung ihrer Arbeit zu nutzen.
Der Betriebsrat reagierte jedoch skeptisch auf diese Maßnahmen. Er war der Meinung, dass die Zustimmung des Betriebsrats hätte eingeholt werden müssen, bevor die Nutzung von KI, insbesondere von ChatGPT, erlaubt werden sollte. Bis zur Fertigstellung einer Konzernbetriebsvereinbarung sollte die Nutzung von KI untersagt werden. Der Betriebsrat argumentierte, dass durch die Freigabe von ChatGPT und die Veröffentlichung von Richtlinien zur Nutzung von KI die Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte grob verletzt wurden.
Der Arbeitgeber hingegen verteidigte sich und wies darauf hin, dass die Nutzung von ChatGPT keinen Überwachungsdruck erzeugt, da das Unternehmen keinen Zugriff auf das Tool hat. Datenschutzbedenken wurden durch eine Datenschutz-Folgeabschätzung ausgeräumt und die Nutzung des Tools sei freiwillig. Der Arbeitgeber verglich die Nutzung von ChatGPT mit der Verwendung der Google-Suchfunktion zur Arbeitserledigung.
Das Gericht entschied schließlich, dass die Anträge des Betriebsrats abgelehnt werden sollten. Es argumentierte, dass die Vorgaben zur Nutzung von KI als mitbestimmungsfreies Arbeitsverhalten anzusehen seien. Die Richtlinien und das Handbuch stellen Anordnungen dar, die die Art und Weise der Arbeitserbringung betreffen und somit nicht unter das Mitbestimmungsrecht fallen.
Das Gericht wies auch den Einwand des Betriebsrats zurück, dass die Nutzung von KI zu einer Teilung der Belegschaft führen könnte. Es sei normal anzunehmen, dass es unterschiedliche Einstellungen zur künstlichen Intelligenz gebe und dies widerspreche nicht dem gesetzgeberischen Willen.
Die Frage, ob es sich bei künstlicher Intelligenz um eine technische Einrichtung handelt, ist von Bedeutung für die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Gemäß dieser Vorschrift hat der Betriebsrat Mitspracherecht, wenn technische Einrichtungen eingesetzt werden, um das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Das Ziel dieses Mitbestimmungsrechts ist es, die Arbeitnehmer vor Beeinträchtigungen ihres Persönlichkeitsrechts zu schützen, die nicht durch schutzwerte Belange des Arbeitgebers gerechtfertigt sind.
Um als Überwachung im Sinne des Mitbestimmungsrechts zu gelten, muss die technische Einrichtung Informationen über das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern erheben und dokumentieren, um sie später nutzen zu können. Die Überwachung muss dabei durch die technische Einrichtung selbst erfolgen, indem sie automatisch Daten erhebt, speichert und/oder verarbeitet. Es reicht aus, wenn ein Teil des Überwachungsvorgangs durch die technische Einrichtung erfolgt.
Darüber hinaus ist kein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG erkennbar, da keine konkrete Gefährdung der Mitarbeiter durch künstliche Intelligenz vorliegt. Der Betriebsrat hat keine entsprechenden Bedenken vorgebracht, und auch aus Sicht des Gerichts sind keine konkreten Gefährdungen erkennbar. Somit besteht kein zusätzliches Motiv für ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz.