Das Verwaltungsgericht Gießen hat mit Urteil vom 22.01.2020 zum Aktenzeichen 1 K 6019/18.GI entschieden, dass drei geplante Windenergieanlagen in Butzbach, Gemarkung Hoch-Weisel und Münster wegen Verstoßes gegen artenschutzrechtliche Bestimmungen nicht errichtet werden dürfen.
Aus der Pressemitteilung des VG Gießen vom 10.02.2020 ergibt sich:
Der HessenEnergie GmbH wurde vom Regierungspräsidium Darmstadt im Oktober 2018 eine Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von drei Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von 206,50 m in Butzbach, Gemarkung Hoch-Weisel und Münster erteilt. Die erteilte Genehmigung war von der „Naturschutzinitiative e.V.“ beklagt worden, zu deren satzungsgemäßen Aufgaben insbesondere der Schutz von Landschaft, Wäldern, Wildtieren und deren Lebensräumen zählt und die als eine nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigung zur Klage befugt ist.
Das VG Gießen hat die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der Windenergieanlagen aufgehoben.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts verstößt die immissionsrechtliche Genehmigung der Windenergieanlagen gegen artenschutzrechtliche Bestimmungen und ist deshalb rechtswidrig. Die hier zu beachtende europäische Vogelschutzrichtlinie lasse Ausnahmen vom Tötungsverbot in Bezug auf die geschützten europäischen Vogelarten bei der Genehmigung von Windenergieanlagen regelmäßig nicht zu. Das Tötungsverbot sei auch dann erfüllt, wenn die Tötung eines Tieres der besonders geschützten Art nicht im engeren Sinne absichtlich erfolge, sondern sich als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Handelns erweise.
Der Genehmigung liege die zutreffende Annahme zugrunde, dass es durch die Anlagen zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für die örtliche Population des Wespen- und des Mäusebussards komme, was das Naturschutzrecht in § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG an sich verbiete. Um den Betrieb der Anlagen zu ermöglichen, habe das Regierungspräsidium deshalb eine Ausnahme von dieser Verbotsvorschrift erteilt. Hier müsse jedoch das gesetzlich angeordnete Tötungsverbot wegen des erhöhten Tötungsrisikos in Bezug auf den Wespen- und Mäusebussard zu einer Versagung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Windräder führen. Die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung lägen nicht vor. Die vom Regierungspräsidium für die Erteilung der Ausnahme vom Tötungsverbot herangezogene Vorschrift des § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG, wonach „aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art“ eine Ausnahmeerteilung in Betracht komme, sei hier nicht anwendbar, weil sie gegen vorrangiges Europarecht in Gestalt der Vogelschutzrichtlinie (VRL) verstoße, die in Art. 9 Abs. 1 eine abschließende Aufzählung der Ausnahmetatbestände enthalte. Demgegenüber sehe Art. 9 Abs. 1 VRL den vom Regierungspräsidium nachgeschoben Ausnahmegrund „öffentliche Sicherheit vor“, dieser sei bei der Genehmigung von Windenergieanlagen jedoch nicht einschlägig.
Das VG Gießen hat die Berufung gegen seine Entscheidung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Diese können die Beteiligten binnen eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils einlegen.