Keine weiteren Entschädigungsansprüche neben den Corona-Soforthilfen

Das Landgericht München I hat mit Urteilen vom 28.04.2021 zu den Aktenzeichen 15 O 10858/20 und 15 O 7232/20 zwei Klagen abgewiesen, die auf Schadenersatz gegen den Freistaat Bayern gerichtet waren.

Aus der Pressemitteilung des LG München I Nr. 11/2021 vom 28.04.2021 ergibt sich:

Geklagt hatten die Betreiberin einer Kartbahn (Streitwert ca. 11.000 Euro) sowie der Betreiber einer Musik- und Filmproduktion (Streitwert ca. 6.000 Euro).

In beiden Fällen haben die Kläger vorgetragen, durch die am 16.03.2020 vom Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege sowie für Familie, Arbeit und Soziales erlassene Allgemeinverfügung (Az. 51-G8000-2020/122-67) und daran anschließend durch die Bayerische Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie vom 27.03.2020 Einnahmeausfälle erlitten zu haben, die nicht vollständig durch sogenannte „Corona-Soforthilfen“ aufgefangen wurden.

Die genannte Allgemeinverfügung hatte unter anderem den Betrieb sämtlicher Einrichtungen, die nicht zur notwendigen Verrichtung des täglichen Lebens, sondern der Freizeitgestaltung dienen, untersagt. Danach wurde ebendies durch die Bayerische Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie vom 27.03.2020 geregelt. Beide Kläger waren dadurch von entsprechenden Betriebsschließungen betroffen.

Die 15. Zivilkammer hat entschieden, dass weder ein normierter Schadenersatzanspruch nach Infektionsschutzgesetz besteht noch auf anderer gesetzlicher Grundlage oder in analoger Anwendung bestehender Reglungen ein Entschädigungsanspruch zugesprochen werden kann. Der in § 65 Infektionsschutzgesetz normierte Schadenersatzansprüche setze voraus, dass die ergriffenen Maßnahmen der Infektionsabwehr dienten. Die den Klagen zu Grunde liegenden staatlichen Maßnahmen seien jedoch mit dem Ziel der Infektionsbekämpfung begründet worden.

Auch eine analoge Anwendung der Norm auf Folgen von Infektionsbekämpfungsmaßnahmen sei nicht geboten. Denn eine analoge Anwendung der Norm setze zunächst voraus, dass eine vom Gesetzgeber nicht erkannte Regelungslücke bestehe. Das sei aber nicht der Fall, da der Gesetzgeber im Infektionsschutzgesetzt bewusst zwischen Maßnahmen der Infektionsabwehr und solchen der Infektionsbekämpfung unterscheide und daran unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfe. Zu berücksichtigen sei insoweit auch, dass der Gesetzgeber im Rahmen der seit Beginn der Corona-Pandemie vielfältig vorgenommenen Änderungen des Infektionsschutzgesetzes offensichtlich keinen Anlass gesehen habe, diese Unterscheidung aufzugeben oder aber einen Schadenersatzanspruch im Zusammenhang mit Infektionsbekämpfungsmaßnahmen zu normieren.

Auch auf anderer Grundlage hat die 15. Zivilkammer keinen Anspruch der Klageparteien auf Entschädigung gesehen. Insbesondere könne eine solche Rechtsfolge auch nicht aus dem von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsinstitut des enteignenden oder enteignungsgleichen Eingriffs abgeleitet werden. Denn es widerspreche dem Grundsatz der Gewaltenteilung, wenn Richterrecht eine Entschädigungsgrundlage für massenhaft auftretende Schäden darstellen sollte und dadurch in die freie Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers eingegriffen würde.

Schließlich seien auch Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB nicht gegeben. Insoweit sei kein schuldhaftes Handeln eines Amtsträgers ersichtlich.

Die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig.