Das Oberlandesgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 25.06.2020 zum Aktenzeichen 6 U 64/19 entschieden, dass das Betreiben der App „mytaxi“, die eine direkte Verbindung zwischen einem nahegelegenen Taxifahrer und einem Fahrgast herstellt und so die Beförderung von Kunden in Taxis ermöglicht, unlauter ist, wenn nicht verhindert wird, dass auch ortsfremde, nicht konzessionierte Taxifahrer vermittelt werden.
Aus der Pressemitteilung des OLG Frankfurt Nr. 60/2020 vom 20.07.2020 ergibt sich:
Der App-Betreiber sei Teilnehmer eines von einem nicht konzessionierten Taxiunternehmen begangenen Verstoßes und zum Unterlassen verpflichtet, so das Oberlandesgericht.
Die Beklagte vermittelt über die App „mytaxi“ die Beförderung von Kunden in Taxis. Sie wird in einer Version für Taxifahrer und in einer Version für Kunden bereitgestellt und stellt eine direkte Verbindung zwischen einem Taxifahrer und einem Fahrgast her. Der Nutzer der Fahrgast-App kann sich auf einer Karte anzeigen lassen, wo sich in der Umgebung angeschlossene Taxis befinden. Nach Bestätigung des Bestellbuttons sucht das System die am nächsten gelegenen und freigeschalteten Taxis und bietet den Fahrern dieser Gruppe – automatisiert – die angefragte Taxifahrt an. Die Fahrer können über ihre Fahrer-App die angefragte Tour annehmen. Der Fahrer, der die Fahrt zuerst annimmt, erhält den Zuschlag. Für den Fahrgast ist die Benutzung der App kostenlos. Das Taxiunternehmen zahlt eine Vermittlungsgebühr in Gestalt eines festen Prozentsatzes vom Fahrpreis. Im März 2018 stellte sich ein Taxi mit Betriebssitz in Wiesbaden in Frankfurt am Main in der Breitenbachstraße auf und schaltete den Modus seiner „mytaxi-App“ auf „frei“. Nachfolgend nahm er die Bestellung einer Fahrt von dort in die Weserstraße an. Dieses Verhalten verstieß gegen das PBefG. Gemäß § 47 Abs. 2 S. 1 PBefG dürfen Taxis nur in der Gemeinde bereitgehalten werden, in der der Unternehmer seinen Betriebssitz hat. Der Kläger ist Taxiunternehmer in Frankfurt am Main. Er meinte, die Beklagte sei als Täterin oder jedenfalls Gehilfen für den Verstoß des Fahrers des Wiesbadener Taxis verantwortlich. Sie nahm die Beklagte auf Unterlassen in Anspruch, Taxi-Suchanfragen an Taxifahrer zu übermitteln, die nicht für die Stadt Frankfurt am Main konzessioniert sind.
Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben.
Das OLG Frankfurt hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts besteht zwischen den Parteien ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Sie seien auf unterschiedlichen Wirtschaftsstufen mit der Personenbeförderung in Taxis befasst. Das Bereitstellen der App in der beschriebenen Form sei unlauter, da Beförderungsaufträge auch an ortsfremde, nicht konzessionierte Taxis vermittelt würden, die sich unter Verstoß gegen § 47 Abs. 2 Satz 1 PBefG bereithielten. Die Beklagte sei für den von dem Taxiunternehmen begangenen Verstoß als Teilnehmerin verantwortlich. Sie habe dem Taxifahrer durch die Übermittlung der Suchanfrage und die Zuteilung des Auftrags Beihilfe geleistet. Die Beklagte habe dabei gewusst, dass Beförderungsaufträge unmittelbar den angeschlossenen Taxiunternehmen in einem bestimmten Umkreis zugeleitet würden und, dass derjenige den Auftrag erhalte, der in zuerst annehme. Dies geschehe unabhängig von dem Betriebssitz, der der Beklagten aufgrund der Anmeldung des Taxifahrers bekannt sei. Damit habe die Beklagte „zumindest bedingt vorsätzlich entsprechende Wettbewerbsverstöße durch Taxifahrer“ gefördert. Durch vorausgegangene andere Abmahnungen sei ihr auch bekannt gewesen, dass es in anderen Städten bereits zu Verstößen angeschlossener Taxiunternehmen gegen die Vorgaben des PBefG gekommen sei. Die Beklagte habe sich also mit möglichen Verstößen abgefunden und sie billigend in Kauf genommen.
Das OLG Frankfurt ergänzte zudem, dass es für die hier angenommene Teilnehmerhaftung unerheblich sei, mit welchen Kosten das Umprogrammieren verbunden sei, um Zuweisungen von Fahraufträgen an nicht konzessionierte Unternehmen zu vermeiden (sog. Zoning). Die Beklagte habe jedenfalls nicht in Abrede gestellt, dass eine solche Programmierung durch die Funktionalität der Standorterfassung (GPS) möglich sei.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.