Das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen hat am 29.04.2020 zum Aktenzeichen 3 B 138/20 in einem Normenkontrollverfahren entschieden, dass im Zuge der Corona-Pandemie Gastronomiebetriebe in Sachsen geschlossen bleiben.
Aus der Pressemitteilung des Sächs. OVG Nr. 6/2020 vom 29.04.2020 ergibt sich:
Eine Betreiberin von mehreren Gastronomiebetrieben im Freistaat Sachsen stellte einen Antrag, die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung (SächsCoronaSchVO) vom 17.04.2020 (SächsGVBl. S. 170) vorläufig außer Vollzug zu setzen. Die Antragstellerin rügte eine Verletzung ihrer Grundrechte und machte geltend, dass ihr wegen des seit dem 21.03.2020 untersagten Betriebs ihrer gastronomischen Einrichtungen die Insolvenz drohe. Die Voraussetzungen für eine Schließung ihrer Gaststätten seien nicht gegeben. Der vom Robert-Koch-Institut prognostizierte Tod von – schlimmstenfalls – bis zu 1.500.000 Menschen durch den Corona-Virus werde voraussichtlich nicht eintreten. Der Reproduktionsfaktor des Virus liege inzwischen unter Eins. Angesichts der geringen, seit den ersten behördlichen Maßnahmen verstrichenen Zeit könne dieser Rückgang nicht auf den eingeleiteten Maßnahmen beruhen. Auch liege die Zahl der Verstorbenen deutlich unter den der Grippetoten eines jeden Jahres. Die angeordnete Betriebsschließung könne nicht auf das Infektionsschutzgesetz gestützt werden. Angesichts der geringen Zahl von Neuinfektionen sei auch keine Überlastung des Gesundheitssystems zu befürchten.
Das OVG Bautzen hat den Antrag abgelehnt.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist die vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt in § 5 SächsCoronaSchVO angeordnete landesweite weitgehende Schließung von Gastronomiebetrieben nach vorläufiger Bewertung von den Regelungen in § 32 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes gedeckt. Danach seien die Landesregierungen ermächtigt, auch durch Rechtsverordnungen Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen.
Anders als die Antragstellerin meine, könne sich das Gebot der Schließung von Gastronomiebetrieben auch gegen deren Betreiber als „Nichtstörer“ im polizeirechtlichen Sinn richten. Zwar gehe von ihren Betrieben unmittelbar keine Infektionsgefahr aus. Da es aber darauf ankomme, Infektionen zu verhindern, seien sie nicht nachrangig zu den „Störern“ in Anspruch zu nehmen; hierzu zählten infizierte, aber auch unerkannt infizierte Personen.
Das Gebot der Schließung von Gastronomiebetrieben sei mit dem Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit vereinbar und noch verhältnismäßig. Es diene dem Ziel, übertragbare Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern.
Zugleich müssten auch das Gesundheitssystem und damit die Grundrechte Dritter geschützt werden. Bei der Beurteilung der Gefährdungslage komme den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts eine vorrangige Bedeutung zu.
Dieses Institut schätze die Gefährdung für die Gesundheit durch das hochansteckende Virus SARS-CoV-2 nach wie vor als hoch ein. Zwar würden diese Einschätzungen teilweise in der Öffentlichkeit – so auch von der Antragstellerin – und vereinzelt auch in der Wissenschaft in Frage gestellt, etwa indem das Virus SARS-CoV-2 bis heute mit Grippe-(Influenza)-Viren verglichen werde. Derartige Zweifel teile der 3. Senat jedoch nicht. Die Schließung von Gastronomiebetrieben sei – auch in Ansehung der damit verbundenen Grundrechtseingriffe – nicht willkürlich, sondern insgesamt von sachlichen Gründen getragen.
Der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangene Beschluss ist unanfechtbar.