Am 17.09.2021 stimmte der Bundesrat über eine Initiative von Berlin, Brandenburg, Hamburg, Thüringen und Bremen zur Abschaffung des Werbeverbots in § 219a StGB ab.
Aus der Pressemitteilung des BR vom 17.09.2021 ergibt sich:
Der Gesetzesantrag erhielt im Plenum jedoch nicht die erforderliche absolute Mehrheit von 35 Stimmen, ist damit abgelehnt.
Was die Länder gefordert hatten
Die fünf Länder hatten vorgeschlagen, ein Gesetz in den Bundestag einzubringen, um die Strafvorschrift, die ursprünglich aus dem Jahr 1933 stammt und 2019 verändert wurde, gänzlich zu streichen. Sie sanktioniert Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft sowie für Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die dafür geeignet sind. Sie sieht eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe vor.
Teil der Aufklärungspflicht
Strafen für das Anbieten auch sachlicher Informationen durch Ärztinnen und Ärzte sind aus Sicht der antragstellenden Länder nicht mehr zeitgemäß. Das Verbot widerspreche den heutigen Vorstellungen von Informationsfreiheit, Selbstbestimmung und freier Arztwahl. Schwangere sollten durch Informationen in die Lage versetzt werden, selbständig zu entscheiden, wie und bei welcher Ärztin oder welchem Arzt sie eine – legale – Abtreibung vornehmen lassen wollen. Medizinerinnen und Mediziner dürften nicht dafür bestraft werden, dass sie ihrer Aufklärungspflicht gegenüber Patientinnen und Patienten nachkommen. Das Medizin-Berufsrecht und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb seien ausreichend, um unangemessene Werbung zu unterbinden. Sachliche berufsbezogene Information hingegen müssten straffrei sein, heißt es zur Begründung des Gesetzesantrags.
Zum Hintergrund
Die Initiative war bereits vor vier Jahren in den Bundesrat eingebracht und mehrmals im Plenum debattiert worden. Die Fachausschüsse hatten ihre Beratungen teilweise vertagt, aber inzwischen abgeschlossen. Daher stand die Initiative am 17. September 2021 im Plenum zur Abstimmung.
Ende 2017 sorgte ein Prozess in Gießen bundesweit für Aufsehen: Eine Ärztin wurde – seit Zurückweisung der Revision durch das Oberlandesgericht Frankfurt rechtskräftig – zu einer Geldstrafe verurteilt, da sie auf ihrer Webseite einen Link mit Informationen zu Ablauf, Möglichkeiten und Risiken von Schwangerschaftsabbrüchen angeboten hatte. Die Ärztin hat gegen die Urteile Verfassungsbeschwerde erhoben, über die das Bundesverfassungsgericht noch nicht entschieden hat.
Im März 2019 billigte der Bundesrat einen Bundestagsbeschluss zur Änderung von § 219a Strafgesetzbuch, der seit 29. März 2019 in Kraft ist. Seitdem dürfen Arztinnen und Ärzte, Krankenhäuser und Einrichtungen öffentlich darüber informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Auch der Hinweis auf weitere Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen von neutralen Stellen wie beispielsweise der Ärztekammer ist erlaubt. Nähere Informationen zu Methoden dürfen Ärzte aber nicht angeben -ansonsten machen sie sich weiterhin strafbar.
Weitere Informationen
Gesetzesantrag der Länder Berlin, Brandenburg, Hamburg, Thüringen Entwurf: eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Aufhebung von § 219a StGB (Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft; BR-Drs. 761/17 (neu) – PDF, 314 KB)