Das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein hat mit Beschluss vom 10.12.2020 zum Aktenzeichen 3 B 147/20 entschieden, dass eine für den 12.12.2020 geplante Fahrraddemonstration in Kiel nicht über die Autobahnen A 210 und A 215 führen darf.
Aus der Pressemitteilung des VG SH vom 10.12.2020 ergibt sich:
Die Antragstellerin, eine Privatperson, hat für Samstagvormittag, den 12.12.2020, in Kiel eine Fahrraddemonstration unter dem Motto „Fahrradfahren statt Autobahn“ mit 200 Teilnehmern angemeldet. Die Route sollte auch über die Autobahnen A 210 und A 215 führen. Die Stadt Kiel legte fest, dass die Demonstrationsroute nicht über die Autobahnen verlaufen dürfe, sondern über eine andere Strecke geführt werden müsse. Außerdem wurde der Antragstellerin aufgegeben, auf je 20 Demonstrationsteilnehmer einen Ordner zu stellen. Gegen diese Auflagen wandte sich die Antragstellerin mit einem Eilantrag.
Der Eilantrag hatte vor dem VG Schleswig größtenteils keinen Erfolg.
Hinsichtlich der geänderten Streckenführung kam das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Anordnung der Stadt Kiel offensichtlich rechtmäßig ist. Zwar schütze das Grundrecht der Versammlungsfreiheit auch die Auswahl des Ortes der Versammlung. Die Behörden könnten die Ausgestaltung von Versammlungen jedoch beschränken, wenn eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestehe. Das Verwaltungsgericht teilte die Meinung der Stadt, dass von der beabsichtigten Fahrraddemonstration auf den Autobahnen eine solche Gefahr ausgehen würde. Die Verpflichtung, eine andere Strecke zu nutzen, sei deshalb verhältnismäßig. Zwar seien Demonstrationen auf Autobahnen nicht in jedem Fall unzulässig. Allerdings müsse in jedem Einzelfall eine Abwägung mit der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs vorgenommen werden. Die Stadt Kiel habe überzeugend dargelegt, dass sich die mit einer Demonstration auf den Autobahnen verbundenen Gefahren für den Straßenverkehr nicht mit hinreichender Sicherheit durch polizeiliche Maßnahmen bewältigen ließen. So seien Verkehrszählungen vorgelegt worden, die ein besonders hohes Verkehrsaufkommen am dritten Adventssonntag erwarten ließen. Es sei außerdem zu erwarten, dass es zu einer mehrstündigen Staubildung und den damit verbundenen Gefahren, insbesondere von Auffahrunfällen, komme.
Daraus, dass mit der Demonstration gerade Autobahnen kritisiert werden sollen, folge kein anderes Abwägungsergebnis. Das Interesse, eine Versammlung gerade auf einer Autobahn durchzuführen, habe eher geringes Gewicht. Die Fahrbahn einer Autobahn sei nämlich kein typischer Ort für den Meinungsaustausch. Soweit die betroffenen Autofahrer das Ziel einer solchen Demonstration auf der Autobahn überhaupt erkennen könnten, sei gerade die Erregung einer solchen Aufmerksamkeit bedenklich. Derartige Ablenkungen würden typischerweise eine Gefährdung der Verkehrssicherheit mit sich bringen.
Die Auflage, auf je 20 Demonstrationsteilnehmer einen Ordner zu stellen, sei hingegen rechtswidrig. Die Stadt habe nicht dargelegt, warum die Festlegung der Zahl der Ordner nicht der Versammlungsleitung überlassen bleiben könne. Diese habe sich weder grundsätzlich geweigert, Ordner einzusetzen, noch habe die Stadt entsprechende Versäumnisse in der Vergangenheit geltend gemacht.
Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim OVG Schleswig-Holstein eingelegt werden.