Das Verwaltungsgericht Gießen hat am 20.05.2020 zu den Aktenzeichen 4 L 1755/20.GI.A, 4 L 1756/20.GI.A, 4 L 1762/20.GI.A, 4 L 1764/20.GI.A,, 4 L 1766/20.GI.A und 4 L 1768/20.GI.A entschieden, dass sechs Asylantragsteller nicht von der Verpflichtung, in der Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge zu wohnen, entbunden werden und sie die Gemeinschaftsküche in der Zeit von 2.00 Uhr bis 4.30 Uhr für die restliche Zeit des Fastenmonats Ramadan nicht nutzen dürfen.
Aus der Pressemitteilung des VG Gießen vom 20.05.2020 ergibt sich:
Zum einen begehrten die Antragsteller eine Entbindung von der Verpflichtung, in der Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Neustadt (Hessen) zu wohnen und zum anderen forderten sie die Nutzungsmöglichkeit der Gemeinschaftsküche in der Zeit von 2.00 Uhr bis 4.30 Uhr für die restliche Zeit des Fastenmonats Ramadan. Der Fastenmonat endet am 23.05.2020. Asylantragsteller sind ab Antragstellung für die Dauer von insgesamt bis zu 18 Monaten oder im Falle von Familien bis zu 6 Monaten verpflichtet, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Diese Verpflichtung kann gesetzlich aus verschiedenen Gründen bereits früher enden. Die Wohnverpflichtung endet unter anderem dann, wenn die Asylantragsteller einer Stadt oder einem Landkreis zugewiesen werden. Eine derartige sofortige Zuweisung begehren die Antragsteller. Die Antragsteller haben in den Verfahren vor dem Verwaltungsgericht geltend gemacht, dass sie in der Erstaufnahmeeinrichtung in Neustadt keine Möglichkeit hätten, die empfohlenen Hygienemaßnahmen im Hinblick auf die Verhinderung einer unkontrollierten Verbreitung des SARS-Co-V-2-Virus einzuhalten. Sie könnten den Mindestabstand von 1,50 m zu anderen Personen nicht einhalten. Insbesondere bei der Reinigung der Wäsche, der Nutzung sanitärer Einrichtungen und der Gemeinschaftsküche sowie bei der Ausgabe der Geldleistungen komme es regelmäßig zu Menschenansammlungen. Die Gemeinschaftseinrichtungen der Aufnahmeeinrichtung würden von mindestens 50 Personen gemeinsam genutzt.
Das VG Gießen hat die Eilanträge abgelehnt.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist es den Antragstellern nicht unzumutbar, für die Dauer bis zu einer Zuweisungsentscheidung in der Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen. Insbesondere stünden keine Gründe der öffentlichen Gesundheitsvorsorge einem Fortbestehen der Wohnverpflichtung entgegen. Das Regierungspräsidium Gießen habe für die hygienischen Maßnahmen in Erstaufnahmeeinrichtungen ein Konzept zum Umgang mit Covid-19/ SARS-Co-V-2 nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt des Landkreises Gießen entwickelt und dieses dem Verwaltungsgericht vorgelegt. Nach Angaben des Regierungspräsidiums wurden zur Einhaltung der Schutzvorkehrungen alle Informationen in 13 Sprachen, dabei auch die türkische Sprache, übersetzt und gut sichtbar angebracht. Zudem seien die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes angehalten, gezielt auf die Einhaltung der Abstandsregelung sowie der vorgesehenen Schutzvorkehrungen zu achten. So werde beispielsweise zur Umsetzung des Hygienekonzepts einmal täglich zusätzlich eine desinfizierende Reinigung aller Kontaktflächen vorgenommen. Es erfolge eine tägliche Desinfektion aller Handläufe und Türklinken und die Reinigungsintervalle wurden in den Räumlichkeiten erhöht. Zudem sei zur Einhaltung der Abstandsregeln beispielsweise die Taschengeldausgabe und Essenausgabe terminlich und räumlich entzerrt worden.
Zusätzlich begehrten alle Antragsteller mit den erst am 19.05.2020 beim Verwaltungsgericht eingereichten Eilanträgen eine Öffnung der Gemeinschaftsküche in der Erstaufnahmeeinrichtung in Neustadt in der Zeit von 2.00 Uhr bis 4.30 Uhr bis zum 23.05.2020. In dieser Zeit sei die Küche aktuell geschlossen. Die Antragsteller möchten als Muslime im Monat Ramadan ihre letzte Mahlzeit vor der Morgendämmerung zu sich nehmen. Demgegenüber gab das Regierungspräsidium an, dass es allen Bewohnern der Erstaufnahmeeinrichtung derzeit möglich sei, ihre Mahlzeiten mit sog. „Take-Away“-Boxen auf den Bewohnerzimmern einzunehmen. Dies sei Teil des oben genannten Konzepts zum Umgang mit Covid-19/ SARS-Co-V-2.
Das VG Gießen hat die Eilanträge abgelehnt.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist keine ausreichende Darlegung der Antragsteller gegeben, weshalb diese in den genannten 2½ Nachtstunden zwingend einen Zugang zur Gemeinschaftsküche benötigen.
Die Eilentscheidungen sind rechtskräftig.