Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschlüssen vom 30.09.2018 zu den Aktenzeichen 1 BvR 1783/17 und 1 BvR 2421/17 entschieden, dass eine einstweilige Verfügung im Presse- und Äußerungsrecht nicht ergehen darf, ohne dass zuvor der Gegner angehört wurde.
Aus dem grundrechtsgleichen Recht auf prozessuale Waffengleichheit folgt, dass ein Gericht im Presse- und Äußerungsrecht grundsätzlich vor einer stattgebenden Entscheidung über den Antrag einer Partei der Gegenseite Recht auf Gehör gewähren muss. Auch wenn Pressesachen häufig eilig sind, folgt hieraus kein schutzwürdiges Interesse daran, dass die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs oder eines Gegendarstellungsrechts dem Antragsgegner verborgen bleibt.
Regelmäßig besteht kein Grund, von seiner Anhörung vor dem Erlass einer einstweiligen Verfügung abzusehen. Ergeht eine solche einstweilige Verfügung, so ist sie wegen Verstoßes gegen Artikel 3 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 3 GG verfassungswidrig. Das Ganze gilt allerdings nur, wenn es zuvor keine Abmahnung bzw. keine Antwort darauf von der Gegenseite gab.
Danach ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn das Gericht in solchen Eilverfahren gegen Medienunternehmen auch vorprozessuale Möglichkeiten einbezieht, die es ihnen erlauben, sich zu dem Verfügungsantrag zu äußern. Hierfür kann auf die Möglichkeit zur Erwiderung gegenüber einer dem Verfügungsverfahren vorangehenden Abmahnung abgestellt werden.
Dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit genügen solche vorprozessuale Erwiderungsmöglichkeiten allerdings nur dann, wenn sichergestellt ist, dass die Erwiderungen dem Gericht vorliegen.
Deshalb ist es zukünftig bei Abmahnungen im Pressebereich erforderlich, die Gegenseite zunächst außergerichtlich abzumahnen und eine Stellungnahme abzuwarten und diese beim gerichtlichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beizufügen.
Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M. vertritt Sie im Verfassungsrecht.