Das Oberlandesgericht Celle hat mit Beschluss vom 29.06.2020 zum Aktenzeichen 3 Ws 154/20 entschieden, dass eine Beschwerde des Angeklagten gegen die Bestellung eines Nebenklägerbeistands mangels Beschwer unzulässig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Angeklagte geltend macht, die Beistandsbestellung verstoße gegen § 146 StPO analog und §§ 43a Abs. 4 BRAO, 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 BORA.
Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung, die von einem Großteil der Kommentarliteratur befürwortet wird, ist ein Angeklagter durch die Bestellung eines Nebenklagebeistandes nach § 397a StPO in seiner Rechtsposition nicht unmittelbar beeinträchtigt und daher nicht beschwert.
Das gilt auch – und gerade – mit Blick auf die durch das Gesetz vom 14. März 2013 eingeführte Regelung zur notwendigen Verteidigung bei Bestellung eines Nebenklagebeistands in § 140 Abs. 1 Nr. 9 StPO. Bei genauer Betrachtung erweist sich nämlich nicht die Bestellung des Beistands selbst, sondern erst dessen Ausübung von Verfahrensrechten als unmittelbare Belastung für den Angeklagten. Die Aufwertung von einem Fall der regelmäßig notwendigen Verteidigung nach § 140 Abs. 2 Satz 1 StPO a.F. zu einem der immer notwendigen Verteidigung beruht auf rein abstrakten Erwägungen. Durch den Verzicht auf das Erfordernis konkret zu befürchtender Beeinträchtigungen der Verteidigungsfähigkeit des Angeklagten soll von vornherein etwaigen Bedenken im Hinblick auf die Aspekte der Waffengleichheit und das faire Verfahren der Boden entzogen werden. Würde man der Argumentation der Gegenansicht folgen, wäre die Frage der Beschwer letztendlich danach zu beantworten, ob der Angeklagte einen Verteidiger hat oder nicht. Die Abhängigkeit der Beschwer von einer Bedingung wäre aber mit dem Erfordernis der Unmittelbarkeit nicht vereinbar. Zudem hat der Gesetzgeber mit § 140 Abs. 1 Nr. 9 StPO den Eintritt dieser Bedingung verhindert. Wenn es also jemals berechtigt war, in der Bestellung eines Nebenklagebeistandes eine unmittelbare Beeinträchtigung der Rechte des Angeklagten auf Waffengleichheit und ein faires Verfahren zu sehen, so ist diese Berechtigung jedenfalls mit Inkrafttreten von § 140 Abs. 1 Nr. 9 StPO entfallen.
Auch die von der Beschwerde angeführte mögliche kostenrechtliche Beschwer des Angeklagten trifft ihn jedenfalls im Zeitpunkt der Bestellung des Nebenklägerbeistandes weder gegenwärtig noch unmittelbar. Denn über die Frage, wer welche Kosten zu tragen hat, wird erst mit dem die Instanz abschließenden Urteil entschieden. Dessen Anfechtung sowie die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung gemäß § 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 StPO und der Kostenfestsetzung gemäß § 464b Satz 3 StPO stehen dem Angeklagten frei, falls er verurteilt wird. Mit dem Angriff gegen die Kostenfestsetzung kann auch geltend gemacht werden, dass die Bestellung des Beistands gegen ein gesetzliches Verbot verstieß und deshalb die Gebühren und Auslagen für diesen nicht nach § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO i.V.m. § 91 Abs. 2 ZPO zu erstatten sind.
Ungeachtet dessen fehlt es an der notwendigen Beschwer auch deshalb, weil der Beschwerdeführer nicht die Bestellung eines Nebenklagebeistands an sich, sondern nur dessen Auswahl angreift.
Das Verbot der Mehrfachverteidigung nach § 146 StPO dient dem Schutz des Beschuldigten davor, von einem für ihn ungeeigneten Verteidiger verteidigt zu werden. Ein Mitangeklagter kann daher nicht als Verletzung des § 146 StPO rügen, ein anderer sei in der Hauptverhandlung von einem dafür ungeeigneten Verteidiger verteidigt worden. Das gilt auch im Verhältnis zwischen Angeklagtem und Nebenkläger. Eine analoge Anwendung der Vorschrift kann nicht zu einer Veränderung der Schutzrichtung führen. Dementsprechend schützt die Vorschrift auch bei analoger Anwendung auf den Nebenklägerbeistand nur den Nebenkläger selbst. Kostenfragen sind in diesem Zusammenhang ersichtlich irrelevant.
Etwas anders ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des geltend gemachten Verstoßes gegen §§ 43a Abs. 4 BRAO, 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 BORA. Denn diese Regelungen dienen dem Schutz des individuellen Vertrauensverhältnisses zwischen Rechtsanwalt und Mandant. Soweit das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen darüber hinaus dem Gemeinwohl in Gestalt der Rechtspflege dient, kann der Beschwerdeführer auch hieraus eine unmittelbare Beeinträchtigung in seinen subjektiven Rechten oder schutzwürdigen Interessen nicht herleiten.