Keine Befreiung vom Präsenzunterricht wegen befürchteter erhöhter Gesundheitsrisiken für Angehörige

25. November 2020 -

Das Verwaltungsgericht Aachen hat mit Beschluss vom 25.11.2020 zum Aktenzeichen 9 L 855/20 entschieden, dass keine Befreiung vom Präsenzunterricht und Erteilung von Distanzunterricht wegen befürchteter erhöhter Gesundheitsrisiken für Angehörige erteilt werden kann.

Aus der Pressemitteilung des VG Aachen vom 25.11.2020 ergibt sich:

Die Mutter und ihre schulpflichtige Tochter hatten einen Eilantrag auf Befreiung der Tochter vom Präsenzunterricht und Erteilung von Distanzunterricht gestellt. Diese hatten zur Begründung des Antrages insbesondere geltend gemacht, der Bruder der Antragstellerin habe ein erhöhtes Risiko an Covid-19 zu erkranken bzw. einen schweren Verlauf zu erleiden.

Das VG Aachen hat den Eilantrag abgelehnt.

Nach Auffassung des Verwaltungsgericihts ist eine Verletzung der staatlichen Schutzpflicht durch die Teilnahme der Tochter am Präsenzunterricht nicht zu erkennen. Die Schutzmaßnahmen, die in Schulen derzeit ergriffen würden (insbesondere die Verpflichtung zum Tragen von Alltagsmasken, Hygiene- und Reinigungsmaßnahmen sowie regelmäßiges Lüften) stünden in Einklang mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Eindämmung des Pandemie-Geschehens und seien ausreichend, um den staatlichen Verpflichtungen zum Gesundheitsschutz nachzukommen.

Bei den Antragstellerinnen läge auch kein besonders gelagerter Ausnahmefall vor. Die Einschätzung einer besonderen Gesundheitsgefährdung für den Bruder habe das Gericht anhand der von den Antragstellerinnen vorgelegten, im Wesentlichen nicht nachvollziehbar begründeten Unterlagen nicht teilen können. Vielmehr sei der nachvollziehbaren und fundierten Stellungnahme des Amtsarztes zu entnehmen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit kein erhöhtes Infektionsrisiko bzw. Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf bestünde. Nach der Rechtsprechung des BVerfG gehöre das Infektionsrisiko im Übrigen derzeit zum allgemeinen Lebensrisiko. Vor diesem Hintergrund sei der Staat gehalten, bei den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie auch kollidierende Grundrechte und Staatsschutzziele zu berücksichtigen. Hierzu gehörten insbesondere auch der Bildungsauftrag des Staates und der Bildungsanspruch jedes einzelnen Kindes, dem am besten im Wege des Präsenzunterrichts Rechnung getragen werden könne.

Sofern die Antragstellerinnen weitergehende Maßnahmen (insbesondere die Separierung des Bruders) für notwendig erachteten, müssten sie die damit einhergehenden Folgen als selbst gewählte gesteigerte Vorsichtsmaßnahme hinnehmen.

Gegen den Beschluss können die Antragstellerinnen Beschwerde erheben, über die das OVG Münster entscheidet.