Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster hat am 07.07.2020 zum Aktenzeichen VerfGH 88/20 entschieden, dass das Erfordernis der Beibringung von sogenannten Unterstützungsunterschriften für die diesjährigen Kommunalwahlen nicht ausgesetzt wird.
Aus der Pressemitteilung des VerfGH NRW vom 10.07.2020 ergibt sich:
Der Bezirksverband Ruhr-Westfalen der Deutschen Kommunistischen Partei hatte begehrt, das Erfordernis der Beibringung von sogenannten Unterstützungsunterschriften für die diesjährigen Kommunalwahlen auszusetzen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 3 des Kommunalwahlgesetzes müssen Wahlvorschläge von Parteien und Wählergruppen, die nicht ununterbrochen in der zu wählenden Vertretung, der Vertretung des zuständigen Kreises, im Landtag oder aufgrund eines Wahlvorschlags aus dem Land im Bundestag vertreten sind, je nach Größenordnung des Wahlbezirks von bis zu 20 Wahlberechtigten aus dem jeweiligen Wahlbezirk persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein. Die Reservelisten solcher Parteien und Wählergruppen müssen von einem Tausendstel der Wahlberechtigten der jeweiligen Kommunen, und zwar mindestens von fünf und höchstens von 100 Wahlberechtigten, unterschrieben sein. Die Wahlvorschläge und Reservelisten müssen spätestens am 59. Tag vor der Wahl (hier: 16.07.2020), 18 Uhr, beim Wahlleiter eingereicht werden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Kommunalwahlgesetz). Am 03.06.2020 trat das Gesetz zur Durchführung der Kommunalwahlen 2020 in Kraft, mit dem der Landesgesetzgeber auf mögliche Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die anstehenden Kommunalwahlen reagierte. Nach § 6 des Gesetzes zur Durchführung der Kommunalwahlen 2020 können Wahlvorschläge und Reservelisten nicht nur bis zum 59. Tag, sondern bis zum 48. Tag vor der Wahl (hier: 27.07.2020), 18 Uhr, beim Wahlleiter eingereicht werden. Ferner wurde die Anzahl der notwendigen Unterstützungsunterschriften für Wahlbezirksvorschläge und Reservelisten auf 60% der sonst erforderlichen Quoren gesenkt (vgl. §§ 7 und 8 des Gesetzes zur Durchführung der Kommunalwahlen 2020). Der Antragsteller hat im Wesentlichen geltend gemacht, die Regelungen über die Beibringung von Unterstützungsunterschriften verletzten ihn in seinem Recht auf Wahlrechts- und Chancengleichheit. Der mit diesen wahlrechtlichen Zulassungsbeschränkungen verbundene Eingriff in die genannten Rechte könne verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt werden. Auch die abgesenkten Quoren seien noch unangemessen hoch. Erst recht sei die Chancengleichheit unter den aktuellen Bedingungen der Corona-Pandemie verletzt, weil die Möglichkeit, in den einzelnen Wahlbezirken die erforderlichen Unterschriften zu sammeln, erheblich eingeschränkt sei.
Der VerfGH Münster hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend die Einreichung von Wahlvorschlägen für die Kommunalwahlen am 13.09.2020 abgelehnt.
Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes wird sich der Antrag in dem in der Hauptsache anhängigen Organstreit als voraussichtlich teilweise unzulässig und darüber hinaus auch unbegründet erweisen. Eine verfassungsrechtliche Überprüfung der Unterschriftenquoren im Organstreit komme nur unter dem Aspekt in Betracht, ob der Gesetzgeber auf die pandemiebedingten Erschwernisse bei der Sammlung der sog. Unterstützungsunterschriften ausreichend reagiert habe. Dies sei durch die Absenkung der Quoren und die Verlängerung der Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge in einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Weise geschehen.
Es sei im Übrigen aber auch davon auszugehen, dass das Erfordernis der Beibringung von Unterstützungsunterschriften weder die Chancen- noch die Wahlrechtsgleichheit der Betroffenen verletze. Es diene nach der Rechtsprechung des BVerfG dazu, den Wahlakt auf ernsthafte Bewerber zu beschränken, dadurch das Stimmgewicht der einzelnen Wählerstimmen zu sichern und so indirekt der Gefahr der Stimmenzersplitterung vorzubeugen. Die Höhe der Quoren sei bei summarischer Prüfung unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse der Kommunalwahlen mit vergleichsweise kleinen Wahlbezirken noch angemessen.
Darüber hinaus gehe auch die – von den Erfolgsaussichten der Hauptsache unabhängige – Folgenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Über den in der Hauptsache anhängigen Organstreit hat der Verfassungsgerichtshof noch nicht entschieden.