Kein Zustimmungsrecht des Ortsbeirats zur Trinkwasserversorgung

11. März 2021 -

Das Verwaltungsgericht Mainz hat am 24.02.2021 zum Aktenzeichen 3 K 108/20.MZ entscheiden, dass beabsichtigte Änderungen in der Wasserversorgung des Stadtteils Mainz-Laubenheim durch die Stadt Mainz nicht der Zustimmung durch den Ortsbeirat Laubenheim bedürfen.

Aus der Pressemitteilung des VG Mainz Nr. 3/2021 vom 11.03.2021 ergibt sich:

Eine solche Rechtsposition des Ortsbeirats ergibt sich insbesondere nicht aus dem im Rahmen der Eingemeindung mit der Stadt geschlossenen Auseinandersetzungsvertrag. Dies entschied das VG Mainz.

Die früher selbständige Gemeinde Laubenheim wurde auf der Grundlage eines mit der Stadt Mainz geschlossenen Auseinandersetzungsvertrags im Jahr 1969 in diese eingegliedert. Sie war 1904 dem Zweckverband Wasserversorgungsverband Bodenheim beigetreten, der für ihr Gebiet die Wasserversorgung übernahm; mit dieser Aufgabe ist zwischenzeitlich die Wasserversorgung Rheinhessen-Pfalz GmbH betraut. Nach der Eingemeindung trat die beklagte Stadt Mainz als Rechtsnachfolgerin in den Wasserversorgungsverband Bodenheim ein. Im Herbst 2016 leitete die Beklagte ein Interessenbekundungsverfahren mit dem Ziel ein, nach öffentlicher Ausschreibung die Konzessionsrechte für die Wasserversorgung u.a. in Mainz-Laubenheim neu zu vergeben. Der klagende Ortsbeirat Laubenheim sprach sich daraufhin gegenüber der Beklagten für die Fortführung der Wasserversorgung im Ortsbezirk durch den bisherigen Wasserversorgungsträger aus. Unter Berufung auf den Auseinandersetzungsvertrag machte er zudem geltend, die Beklagte dürfe nicht ohne ihre Zustimmung von den im Zeitpunkt des Vertrags bestehenden Gegebenheiten abweichen und einen anderen Versorger mit der Wasserversorgung des Stadtteils beauftragen.

Die darauf gestützte Feststellungsklage wies das Verwaltungsgericht ab.

Aus den Regelungen des Auseinandersetzungsvertrags aus dem Jahr 1969 ergäben sich keine Anhaltspunkte für die Auffassung des Klägers, nach der Eingemeindung von der Beklagten geplante Änderungen in der Wasserversorgung des Stadtteils dürften nur mit Zustimmung des Ortsbeirats vorgenommen werden. Der die Wasserversorgung regelnde § 20 Abs. 2 des Vertrags sehe ein solches Zustimmungsrecht nicht vor. Auch aus dem Vertragssystem der nach einzelnen Gemeindebelangen gegliederten und gestuften Beteiligungsrechte des Ortsbeirats bei Änderungsvorgängen lasse sich die für einen öffentlich-rechtlichen Vertrag notwendige textliche Anbindung für ein Zustimmungsrecht in einem grundlegenden Bereich der Daseinsvorsorge wie der Wasserversorgung des Stadtteils nicht herleiten. Im Übrigen weise der Auseinandersetzungsvertrag nur an einer einzigen Stelle ein Zustimmungsrecht bei Änderungsabsichten der Stadt aus, dies indes für einen gänzlich anderen Vertragsgegenstand (§ 16 Auseinandersetzungsvertrag zur Straßenreinigung). Angesichts des ausnormierten Beteiligungssystems erlaube auch § 22 des Auseinandersetzungsvertrags keine Auslegung dahingehend, dass eine Änderung der bei der Eingemeindung gegebenen Verhältnisse nur auf Wunsch oder nur mit Zustimmung des Ortsbezirks möglich sei. Diese Vertragsregelung behandele allein ein Initiativrecht des Ortsbeirats, das außerdem unter dem Vorbehalt der Zweckmäßigkeit stehe. Für eine ergänzende Vertragsauslegung im Sinne des Klageziels biete der differenzierende Vertragstext auch unter Berücksichtigung des vorgelegten Materials zur Entstehungsgeschichte und der Erklärungen damaliger Gemeinderatsmitglieder keinen ausreichenden Anhaltspunkt.

Die dem Rechtstreit zugrundeliegenden Vorschriften des Auseinandersetzungsvertrags vom 2. Juni 1969 lauten:

  • 20 Energie- und Wasserversorgung
    1. Die Stadt wird stets bemüht sein, daß die Gemeinde ausreichend mit Strom und Gas versorgt wird.
    2. Durch Rechtsnachfolge wird die Stadt Mitglied im Wasserversorgungsverband Bodenheim; sie wird sich dafür einsetzen, daß für die Gemeinde immer eine ausreichende Wasserversorgung gewährleistet ist.
  • 22 Abweichungen von den Vertragsvereinbarungen
    Auf Wunsch des Ortsbeirates kann die Stadt, wenn sich dies als zweckmäßig herausstellen sollte, die Verhältnisse der Gemeinde abweichend von diesem Vertrag ordnen.