Das Sozialgericht Hannover hat am 28.05.2021 zum Aktenzeichen S 11 KR 889/17 entschieden, dass für ein anonym geborenes Kind keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung besteht.
Aus der Pressemitteilung des SG Hannover Nr. 2/2021 vom 13.07.2021 ergibt sich:
Zugrunde lag dem Verfahren eine am 05. Februar 2009 im Friederikenstift Hannover anonym geborene Klägerin. Bei der Klägerin wurde bereits vorgeburtlich eine schwere Hirnfehlbildung diagnostiziert, welche zur Feststellung u.a. eines Grades der Behinderung von 100 führte. Zum Vormund wurde zunächst die Landeshauptstadt Hannover -Fachbereich für Jugend und Familie- und im März 2013 letztlich die Region Hannover – Fachbereich Jugend – bestellt. Aufgrund der schweren Behinderung lebt die Klägerin in einem Kinder-Pflegeheim.
Die Klägerin war zunächst über das „Netzwerk Mirjam“ der evangelisch-lutherischen Landeskirche spendenfinanziert privat krankenversichert. Nach Bestellung des Jugendamtes zum Vormund wurde durch den Fachbereich Soziales im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt und der Eingliederungshilfe auch Krankenhilfe erbracht. Ab dem 21. Juli 2009 übernahm die beklagte Krankenkasse auf Antrag des Vormundes die Krankenbehandlung für nicht Versicherungspflichtige gegen Kostenerstattung durch den Sozialhilfeträger. Den im Februar 2016 gestellten Antrag auf Aufnahme in die Pflicht(kranken)versicherung beschied die beklagte Krankenversicherung abschlägig, da eine anderweitige Absicherung inj Krankheitsfall bestehe.
Das SG Hannover hat entschieden, dass die Klägerin in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig ist.
Kinder sind in der Regel nach der Geburt über ihre Mutter oder den Vater gesetzlich oder privat krankenversichert. Da nach einer anonymen Geburt weder die Eltern noch deren Krankenversicherungsschutz bekannt sind, besteht darüber keine Absicherung. Mangels Aufnahme in eine Pflegefamilie konnte ebenfalls kein Krankenversicherungsschutz begründet werden. Vielmehr besteht ein sog. anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall nach dem 8. Buch Sozialgesetzbuch gegen den Jugendhilfeträger. Damit sind gesetzliche Ansprüche auf Krankenhilfe mitumfasst. Abzustellen ist allein auf den Zeitpunkt der Geburt. Denn ab diesem Zeitpunkt konnte die Klägerin von dem Jugendhilfeträger Leistungen beanspruchen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.