Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschlüssen vom 08.06.2018 zum Aktenzeichen 1 BvR 701/17 und 13.06.2018 zum Aktenzeichen 1 BvR 1040/17 entschieden, dass ein Urteil, welches in einem § 495 a ZPO-Verfahren ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, obwohl ein Part die mündliche Verhandlung beantragt hat, verfassungswidrig ist, da Art. 103 Abs. 1 GG verletzt wird.
In Verfahren mit einem Streitwert unter 600,00 € wird vom Richter nach billigem Ermessen gemäß § 495 a der Zivilprozessordnung (ZPO) ohne vorangegangene mündliche Verhandlung entschieden. Die Beklagten im Verfahren beantragten gemäß § 495 a Satz 2 ZPO, die mündliche Verhandlung durchzuführen. Gleichwohl gab das Amtsgericht der Klage durch Urteil statt, ohne zuvor über den Rechtsstreit mündlich verhandelt zu haben.
Die Verfassungsrichter stellten fest, dass das Urteil des Amtsgerichts den Beklagten in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.
Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt nicht unmittelbar ein Anspruch auf eine mündliche Verhandlung. Vielmehr ist es Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, in welcher Weise rechtliches Gehör gewährt werden soll. Hat eine mündliche Verhandlung aber von Gesetzes wegen stattzufinden, wie dies in den Fällen des § 495 a Satz 2 ZPO auf Antrag einer Partei vorgeschrieben ist, begründet der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG ein Recht auf Äußerung in der mündlichen Verhandlung und zugleich auf deren Durchführung durch das Gericht.
Damit ist das amtsgerichtliche Urteil nicht in Einklang zu bringen. Gemäß § 495 a Satz 2 ZPO hätte das Amtsgericht entsprechend dem Antrag des Beklagten vor Erlass seines Urteils mündlich verhandeln müssen. Sein, ohne mündliche Verhandlung, ergangenes Urteil verletzt das rechtliche Gehör des Beklagten.
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