Das Oberlandesgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 14.11.2019 zum Aktenzeichen 22 U 50/17 entschieden, dass dann, wenn die Torfrau und eine Angreiferin beim Sprungwurf im 6m-Torraum zusammenstoßen, eine Schadensersatzverpflichtung der Torfrau für Verletzungen der Angreiferin nur in Betracht kommt, wenn gegen die Torfrau eine rote Karte mit Bericht verhängt wurde.
Aus der Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Frankfurt Nr. 68/2019 vom 25.11.2019 ergibt sich:
Werde allein eine rote Matchkarte ohne Bericht verhängt, die sich nicht auf weitere Spielteilnahmen auswirke, kämen Ersatzansprüche nicht in Betracht, so das Oberlandesgericht.
Die Parteien waren Spielerinnen gegnerischer Jugendmannschaften bei einem Hallenhandballspiel. Kurz vor Schluss machte die Klägerin im Rahmen eines Tempo-Gegenstoßes einen Sprungwurf. Die Beklagte, Torfrau der Gegnerinnen, versuchte den Wurf abzuwehren. Beide trafen im 6m-Torraum zusammen. Die Klägerin stürzte und erlitt einen Kreuzbandriss im linken Knie. Der Schiedsrichter erteilte der Beklagten eine rote Karte ohne Bericht. Sie war für das fragliche Spiel, nicht aber darüber hinaus gesperrt.
Die Klägerin begehrte Schmerzensgeld und Schadensersatz.
Das Landgericht hatte der Klage weitgehend stattgegeben.
Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG Frankfurt Erfolg. Es hat die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts nach Beweisaufnahme hat die Beklagte vorliegend nicht dermaßen grob regelwidrig gehandelt, dass ein deliktischer Schadensersatzanspruch in Betracht kommt. Die Herbeiführung einer Verletzung des Kontrahenten (Gegenspielers) bei Einhaltung der Spielregeln könne regelmäßig eine Haftung des Schädigers aus Delikt nicht begründen, hat das OLG Frankfurt insbesondere im Hinblick auf Mannschafts-Kampfsportarten festgestellt. Welche Gefahren im Einzelnen hingenommen werden müssten, richte sich nach den jeweiligen Sportarten. Basketball, Fußball oder Hallenhandball stellten hohe Anforderungen an die physische und psychische Kraft, Schnelligkeit, Geschicklichkeit und körperlichen Einsatz der Mitspieler. Gewisse Kampfhandlungen seien dabei auch von einem sorgfältigen Spieler nicht zu vermeiden, wenn dieses nicht sein Charakter als lebendiges Kampfspiel verlieren solle auch wenn es nach den Spielregeln bereits als Foulspiel gewertet werde.
Folglich sei nicht jede geringfügige Verletzung einer dem Schutz der Spieler dienenden Regel fahrlässig und damit haftungsbegründend. Für eine deliktische Haftung komme es vielmehr darauf an, ob die Verletzung eines Spielers auf einem Regelverstoß eines Gegenspielers beruhe, der über einen geringfügigen und häufigen Regelverstoß deutlich hinausgehe und auch einen Grenzbereich zwischen gebotener kampfbedingter Härte und unzulässiger Unfairness klar überschreite. Voraussetzung für ein haftungsbegründendes Verhalten sei mithin das Vorliegen einer groben Verletzung einer zum Schutz von Spielern bestimmten Wettkampfregeln (etwa nach Ziff. 8.5 der Wettkampfregeln). Hier habe der Sachverständige das Verhalten der Beklagten überzeugend nicht als besonders unsportlich, sondern lediglich als unnötige Härte aus jugendlichem Übereifer eingeordnet. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass sich der Vorfall im 6m-Bereich der Torfrau ereignet habe. Springe ein Spieler dort hinein, sei ein Zusammenstoß sein Risiko. Bedeutung erlange zudem, dass der Schiedsrichter eine rote Karte, jedoch ohne Bericht erteilt habe. Erst ein Bericht i.S.v. Ziff. 8.6 der Wettkampfregeln liefere die Basis für die spielleitende Stelle, um später über Sanktionen zu entscheiden. Nach dem Regelwerk sei bei schwerwiegenden Regelverstößen eine rote Karte mit Bericht vorgesehen. Der Bericht ermögliche eine eindeutige Tatsachenfeststellung. Fehle der Bericht wie hier, sei davon auszugehen, dass die Regelwidrigkeiten sich im Rahmen des körperbetonten Spielbetriebes hielten und deshalb dadurch bedingte Verletzungen von der Einwilligung des Verletzten umfasst seien.