Kein Lohn für die ersten Krankheitstage?

07. Januar 2025 -

Angesichts der alarmierenden Zunahme von Krankheitsfällen in Deutschland hat Allianz-CEO Oliver Bäte vorgeschlagen, bestimmte Sozialleistungen zu reduzieren, um den hohen Krankenstand in Unternehmen zu bekämpfen. Bäte betonte, dass Deutschland mittlerweile Weltmeister bei den Krankmeldungen sei und plädierte daher für die Wiedereinführung des Karenztages. Dies bedeutet, dass für die ersten Tage einer Krankheit kein Lohnausfall erfolgen würde und erst danach eine Lohnfortzahlung greifen würde.

Der Vorschlag von Bäte sieht vor, dass Arbeitnehmer die Kosten für den ersten Krankheitstag selbst tragen sollten, um so die Lohnkosten für Unternehmen zu reduzieren. Er betonte auch, dass Deutschland nicht um Leistungskürzungen im Sozialbereich herumkommen werde und man sich darüber Gedanken machen müsse, wie man diese sozial gerecht gestalten könne. Kritiker bezeichnen den Karenzzeit-Vorschlag allerdings als unverschämt und sehen darin eine weitere Belastung für Arbeitnehmer, die bereits unter den Folgen der Corona-Pandemie leiden.

Arbeitgeber in Deutschland investieren jährlich stolze 77 Milliarden Euro in die Lohnfortzahlung für kranke Mitarbeiter. Hinzu kommen noch weitere 19 Milliarden Euro von den Krankenkassen. Damit machen diese Ausgaben etwa sechs Prozent der gesamten Sozialausgaben aus, was im Vergleich zu anderen EU-Ländern überdurchschnittlich hoch ist. Denn der Durchschnitt in der EU liegt lediglich bei 3,5 Prozent.

Die Diskussion um die Einführung von Karenztagen, also Tagen ohne Lohnfortzahlung bei Krankheit, ist bereits seit einiger Zeit im Raum. Bereits im Dezember 2024 brachte die Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, diese Idee ins Gespräch. Einige Länder haben bereits Karenztage eingeführt, bei denen der Arbeitgeber nicht unmittelbar den Lohn fortzahlt.

Ursprünglich wurden die Karenztage in den 1970er Jahren abgeschafft, was heute kontrovers diskutiert wird. Unternehmerverbände befürworten die Wiedereinführung, in der Hoffnung, dadurch das sogenannte „Blaumachen“ an einzelnen Tagen zu verhindern. Im deutschen Arbeitsrecht existieren aktuell jedoch keine Karenztage, sodass Arbeitnehmer bereits ab dem ersten Tag einer Krankmeldung Anspruch auf Lohnfortzahlung haben. Somit ist die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall in Deutschland für Arbeitnehmer gesichert.

Die Lohnfortzahlung, auch bekannt als Entgeltfortzahlung, ist eine gesetzliche Bestimmung, welche Arbeitnehmer vor Einkommensverlusten schützt, wenn sie aufgrund von Krankheit arbeitsunfähig sind. Diese Regelung ist in Deutschland gesetzlich verankert und verpflichtet Arbeitgeber dazu, ihren erkrankten Mitarbeitern für maximal sechs Wochen bzw. 42 Kalendertage ihren vollen Lohn zu zahlen.

Es spielt keine Rolle, ob der Arbeitnehmer zwischendurch gearbeitet hat oder nicht – bei jeder neuen Krankheit besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Falls der Arbeitnehmer während seiner Krankheit wieder krank wird, verlängert sich die Entgeltfortzahlung jedoch nicht.

Es ist wichtig zu betonen, dass der Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall unabhängig davon besteht, ob das Arbeitsverhältnis sozialversicherungspflichtig ist oder nicht. Selbst bei Minijobs oder geringfügiger Beschäftigung haben Arbeitnehmer ein Anrecht auf ihre volle Vergütung, wenn sie krankgeschrieben sind.

Im Jahr 2024 verzeichnete Deutschland einen neuen Höchststand an Krankmeldungen, wie eine Analyse der Techniker Krankenkasse (TK) bei ihren eigenen Versicherten ergab. Zwischen Januar und November waren diese im Durchschnitt 17,7 Tage krankgeschrieben, was den bisherigen Rekord darstellt. Im Vergleich zu den Vorjahren bedeutet dies einen Anstieg, da in den letzten beiden Jahren innerhalb des gleichen Zeitraums durchschnittlich 17,4 bzw. 13,2 Fehltage verzeichnet wurden. Vor Ausbruch der Corona-Pandemie lag die durchschnittliche Anzahl an Fehltagen bei den bei der Techniker Krankenkasse versicherten Erwerbspersonen bei 14,1 Tagen in den ersten elf Monaten.