Das Sozialgericht Berlin hat mit Urteil vom 19. Februar 2024 zum Aktenzeichen S 143 KR 853/22 entschieden, dass ein Heilbehandler, der seine Zulassung als Psychotherapeut durch Vorlage gefälschter Abschlusszeugnisse erschlichen hat, keinen Anspruch auf ein Honorar für eine vertragsärztliche Leistung hat. Auf die Frage, ob er entsprechendes Fachwissen besessen hat oder seine Patienten mit ihm zufrieden gewesen sind, kommt es nicht an.
Aus der Pressemitteilung des SG Berlin vom 12.09.2024 ergibt sich:
Der in Berlin wohnende Beklagte wurde im Jahr 2018 vom Amtsgericht Mannheim wegen Urkundenfälschung, Missbrauchs von Titeln und Betrugs verurteilt. Er hatte sich gegen Geld gefälschte Diplome über ein erfolgreiches Psychologiestudium, einen Doktortitel und den Abschluss von Fachprüfungen als Kinder- und Jugendpsychologe verschafft und damit die Zulassung zu einem Vertragsarztsitz als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut in Baden-Württemberg erlangt. In der Folge zahlte ihm die Kassenärztliche Vereinigung Honorare in Höhe von mehr als 110.000 Euro aus.
Nach Bekanntwerden des Sachverhalts machte die Kassenärztliche Vereinigung einen Anspruch auf Rückforderung des Honorars geltend. In Höhe von 417 Euro trat sie diesen an die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Niedersachsen ab, welche daraufhin vom Beklagten Zahlung verlangte. Der Beklagte bestritt die Forderung jedoch. Aufgrund diverser Fortbildungen habe er breites Fachwissen besessen, zudem auch sehr eng mit einem Ärzteteam zusammengearbeitet. Nie habe es unzufriedene Patienten oder Beschwerden gegeben. Im übrigen sei über sein Vermögen inzwischen ein Insolvenzverfahren eröffnet worden.
Mit ihrer im März 2022 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage begehrte die klagende Krankenkasse, dass ihre Forderung zur Insolvenztabelle festgestellt werde. Zugleich klagte sie auf Feststellung, dass sich die Rückforderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung begründe.
Mit Gerichtsbescheid vom 19. Februar 2024 hat die 143. Kammer des Sozialgerichts Berlin durch ihren Vorsitzenden der Klage stattgegeben und dies wie folgt begründet: Der Beklagte habe auf das erlangte Honorar keinen Anspruch gehabt. Wie schon das Bundessozialgericht überzeugend dargelegt habe, sei die Erbringung ärztlicher Leistungen den Ärzten und Zahnärzten vorbehalten. Arzt in diesem Sinne sei nur der approbierte Heilbehandler. Sofern eine Person ohne diese Voraussetzungen die Behandlung durchgeführt habe, bestehe insgesamt kein Vergütungsanspruch. Die kassenärztliche Vereinigung habe die Vergütung im vorliegenden Fall also ohne Rechtsgrund geleistet, weshalb ihr ein Erstattungsanspruch gegen den Beklagten zugestanden habe.
Auf den Umstand, dass dem Beklagten ein Versorgungsauftrag erteilt worden war komme es ebenso wenig an wie darauf, ob die Menschen, die sich ihm als Patienten anvertraut hatten, zufrieden gewesen seien.
Der Beklagte habe auch vorsätzlich gehandelt, denn er habe gewusst, dass er ohne die – durch gefälschte Urkunden erlangte – Approbation bei der Kassenärztlichen Vereinigung keine Honorarforderung hätte anmelden können. Wäre es ihm tatsächlich nur darum gegangen, bedürftigen Menschen durch zugewandtes Hören und seelische und moralische Unterstützung zu helfen – so sein Vortrag im Gerichtsverfahren – hätte er diese Hilfe jederzeit ehrenamtlich bei einem Sozialverband anbieten können. Hätte er tatsächlich geglaubt, dass allein eine – wie er vortrug – „gute Behandlung von kranken Menschen“ eine Honorarzahlung rechtfertige, wäre das aufwendige Täuschungsmanöver nicht nötig gewesen.