Das Oberlandesgericht Stuttgart hat am 24.06.2020 zum Aktenzeichen 4 U 561/19 entschieden, dass der sich im Frühjahr 2018 für das Amt des Bürgermeisters in den vier im Rems-Murr-Kreis gelegenen Gemeinden bewerbende Kandidat keinen Anspruch auf Honorarforderungen für die Teilnahme an Podiumsdiskussionen hat.
Aus der Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 24.06.2020 ergibt sich:
Dem liegt zugrunde, dass der Kläger gegen das beklagte Verlagsunternehmen, das im Rems-Murr-Kreis vier regionale Zeitungen verlegt, für seine Teilnahme an Podiumsdiskussionen in den genannten Gemeinden auf Einladung der Beklagten, Honorarforderungen in einer Gesamthöhe von über 300.000 Euro – u.a. als „Gage“ – erhebt. In einem Fall hatte der Moderator der Diskussion den Kläger ausdrücklich auf die Unentgeltlichkeit seiner Teilnahme hingewiesen, bei zwei anderen Podiumsdiskussionen wurde in der Einladung nicht mehr explizit auf die Unentgeltlichkeit der Teilnahme hingewiesen. Daneben hatte die Beklagte in ihren Einladungen an die Kandidaten darauf hingewiesen, dass die Veranstaltungen mittels eines „Livestreams“ im Internet übertragen werden, was auch geschah. So wurde im Rahmen einer Internet-Livesendung am Wahltag in Remshalden der aufgezeichnete „Livestream“ über die Podiumsdiskussion in Welzheim unter Teilnahme des Klägers öffentlich zugänglich gemacht. Auch für diese „Einspielung der Welzheim Show“ verlangt der u.a. in einem Königsmantel auftretende Kläger ein entsprechendes Honorar: Für alle genannten Veranstaltungen sei mit der Beklagten ein Vertrag über Darbietungen in seiner Rolle als Lebensberater, Künstler, Unterhalter zustande gekommen.
Das LG Stuttgart hatte die Klage abgewiesen, da dem Kläger aus keinem rechtlichen Grund ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zustehe.
Das OLG Stuttgart hat das Urteil des Landgerichts bestätigt.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts fehlt es bei allen drei Podiumsdiskussionen in Welzheim, Urbach und Remshalden an einem den Zahlungsanspruch begründenden Vertragsschluss der Parteien. Insbesondere bei der Veranstaltung in Welzheim habe der Kläger dem Hinweis des Moderators auf die Unentgeltlichkeit seiner Teilnahme noch beim Betreten der Bühne zugestimmt. Die von der Beklagten wiederholt in verschiedenen Gemeinden organisierten Podiumsdiskussionen dienten der Bürgerinformation über die Vorstellungen der jeweiligen Kandidaten. Die Behauptung des Klägers, er sei als Showtalent engagiert und nicht als Bürgermeisterkandidat eingeladen worden, widerspreche öffentlichen Äußerungen des Klägers über seine Bewerbung. Er habe es gerade abgestritten, als „Spaßkandidat“ angetreten zu sein. Insbesondere führe ein auffälliges, womöglich auch launiges und humorvolles Auftreten eines Kandidaten nicht zu der Schlussfolgerung, die Beklagte habe einen vergütungspflichtigen Auftrag erteilen wollen.
Das Oberlandesgericht lehnt u.a. auch einen Honoraranspruch aus § 32 Abs. 1 und 3 UrhG ab. Diese Vorschrift setze eine vertragliche Nutzungsvereinbarung über ein künstlerisches, im Sinne des § 2 UrhG geschütztes Werk voraus, an dem es hier gerade fehle.
Soweit der Kläger einen Honoraranspruch wegen der Veröffentlichung der noch im Internet abrufbaren Aufzeichnung der Podiumsdiskussion in Welzheim geltend macht, fehle es ebenfalls an einer vertraglichen oder urheberrechtlichen Grundlage. Auch sei ein Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers in seiner besonderen Ausprägung als Recht am eigenen Bild nicht ersichtlich. Bei der Abwägung zwischen allgemeinem Persönlichkeitsrecht und Pressefreiheit sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der Veröffentlichung um einen Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse handele, die von der Ausnahme des § 23 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie ( KUG ) gedeckt sei. Nach seinem eigenen Vortrag halte der Kläger sich für eine Person der Zeitgeschichte. Zudem sei der vom Kläger beanstandete Beitrag nicht auf seine Person zugeschnitten, sondern zeige eine Präsentation aller Kandidaten für das Bürgermeisteramt.
Im Hinblick auf den Kläger sei dabei zu berücksichtigen, dass dieser selbst durch sein prägnantes Auftreten („im Königsmantel“) die Öffentlichkeit gesucht und für seine Profilierung genutzt habe. Somit hat der Kläger auch keinen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Rechts am eigenen Bild.
Das Oberlandesgericht hat die Revision nicht zugelassen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung ist möglich.