Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am 06.01.2022 zum Aktenzeichen 18860/19 entschieden, dass ein Schwulenaktivist keinen Anspruch gegen eine Bäckerei hat, einen Kuchen mit der Aufschrift „Unterstützt gleichgeschlechtliche Ehe“ zu erhalten, welches der Bäckermeister unter Bezugnahme auf seinen christlichen Glauben ablehnt.
Der britische Schwulenaktivist Gareth Lee bestellt im Jahr 2014 bei der nordirischen Bäckerei Ashley’s einen Kuchen für einen Event gegen Homophobie mit einem Bild der TV-Charaktere Ernie und Bert, dem Logo der Gruppe „QueerSpace“ und dem Slogan „Support Gay Marriage“ („Unterstützt gleichgeschlechtliche Ehe“).
Die Bäckerei nahm die Bestellung an und Lee bezahlte den Kuchen, jedoch erklärte die Bäckerei am Folgetag, dass die Bäckerei ein christliches Geschäft sei und die Bestellung verweigere und das Geld erstatte.
Lee klagte vor den nationalen Gerichten, wo er zunächst in erster und zweiter Instanz Recht erhielt, da die Nichterfüllung der Bestellung eine direkte Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Orientierung, des religiösen Glaubens sowie der politischen Meinung ist und damit gegen nationale Regelungen zur Gleichbehandlung verstößt und es zudem Willkür ist, wenn Unternehmen frei aussuchen könnten, welche Dienstleistungen sie der homosexuellen Gemeinde auf Basis ihres religiösen Glaubens anbieten.
In der dritten Instanz scheiterte Lee jedoch, da die Richter dort vertraten, dass die Bäckerei Lee den Kuchen nicht lieferte, weil dieser schwul sei, sondern weil er kein Statement auf den Kuchen setzen wolle, was man zutiefst ablehnt; keine Bäckerei müsse durch Zwang verpflichtet werden politische Ansichten zu fördern, die abgelehnt werden, selbst wenn dies eine Diskriminierung darstelle.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte äußerte sich inhaltlich gar nicht zur Beschwerde, da Lee vor den nationalen Gerichten keinen Verstoß gegen die EMRK geltend gemacht habe und die nationalen Gerichte deshalb keine Möglichkeit hatten sich mit dieser auseinanderzusetzen, so dass die Beschwerde deshalb unzulässig sei.
Lee ist nun enttäuscht und findet es frustrierend, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Kernproblematik seines Falls offenbar verkannt habe, denn es könne von niemandem erwartet werden, den Glauben eines Unternehmensinhabers herauszufinden, bevor ein Kunde in ein Geschäft eintritt oder für Dienstleistung bezahlt.
Lee setzt sich mit der Organisation „QueerSpace“ für die lesbische, schwule, bisexuelle und transsexuelle Gemeinschaft in Nordirland ein.
Dort ist die gleichgeschlechtliche Ehe erst seit dem Jahr 2020 legal, nachdem zuvor im Jahr 2014 das 3. Mal die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe durch das nordirische Parlament abgelehnt wurde.