Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat sich am 20.07.2020 zum Aktenzeichen 6 O 5935/19 mit der Frage befasst, ob die Weitergabe von personalisierten Sicherheitsmerkmalen (z.B. PIN) an den Ehemann einem Ausgleichsanspruch gegen die Bank entgegensteht, wenn es auf dem Konto zu einem Phishing-Vorgang gekommen ist.
Aus der Pressemitteilung des OLG Nürnberg vom 08.03.2021 ergibt sich:
Die Klägerin unterhielt bei der beklagten Bank ein Wertdepotkonto. In den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten war unter anderem geregelt, dass personalisierte Sicherheitsmerkmale geheim zu halten und Authentifizierungselemente vor dem Zugriff anderer Personen sicher zu verwahren sind. Die Klägerin hatte die Verwaltung des Kontos ihrem Ehemann übertragen. Schon beim Eröffnungsantrag hatte sie ausschließlich dessen E-Mail-Adresse angegeben. Die Übermittlung der TANs per SMS erfolgte ausschließlich auf ein durch den Ehemann der Klägerin genutztes Mobiltelefon. Beim Eröffnungsantrag für das Konto war bereits ausschließlich die Handynummer des Ehemanns hinterlegt worden. Die Klägerin hatte der Beklagten allerdings nicht mitgeteilt, dass das Konto durch ihren Ehemann verwaltet werden würde.
Im Mai 2019 erfolgte auf dem Konto der Klägerin eine Transaktion in Höhe von 25.960,45 Euro, welche weder durch die Klägerin noch deren Ehemann autorisiert worden war. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Ausgleich des Betrags in Höhe von 25.960,45 Euro gem. § 675 u Satz 2 BGB. Die Beklagte meint, dass sie nicht zum Ausgleich verpflichtet sei bzw. ihr ein Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin zustehe, weil diese die Kontodaten ihrem Ehemann weitergegeben und damit den Phishing-Vorgang möglich gemacht habe. Schließlich sei dieser über die Mobiltelefonnummer des Ehemannes der Klägerin erfolgt.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 25.960,45 Euro zu bezahlen.
Der Anspruch ergebe sich aus § 675 u Satz 2 BGB. Die Beklagte habe umgekehrt keinen Schadensersatzanspruch nach § 675 v Abs. 3 Nr. 2 BGB gegen die Klägerin, aufgrund dessen sie die Zahlung verweigern könne, obwohl diese die Kontodaten an ihren Ehemann weitergegeben habe. Die Gefahr eines Phishing-Angriffs sei nicht durch die Weitergabe der PIN an den Ehemann der Klägerin erhöht worden. Das Schutzniveau habe sich dadurch, dass nicht die Klägerin selbst, sondern ihr Ehemann das Konto verwaltete, nicht verändert. Es sei nicht ersichtlich, dass ein Angriff auf das Mobiltelefon des Ehemanns der Klägerin wahrscheinlicher war als auf das Mobiltelefon der Klägerin selbst. Jedenfalls habe sich eine mögliche Pflichtverletzung der Klägerin nicht kausal auf den Eintritt des geltend gemachten Schadens ausgewirkt. Es bestünden überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Gefahr eines Phishing-Angriffs durch die faktische Verwaltung des Kontos durch den Ehemann der Klägerin in irgendeiner Weise erhöht und damit im Sinne des § 675 v Abs. 3 BGB „herbeigeführt“ worden sei.