Das Verwaltungsgericht Hannover hat mit Beschluss vom 25.01.2021 zum Aktenzeichen 15 B 269/21 entschieden, dass ein 83-jähriger Antragsteller keinen Anspruch auf den Erhalt einer unverzüglichen Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 hat.
Aus der Pressemitteilung des VG Hannover vom 26.01.2021 ergibt sich:
Der Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Er ist der Auffassung, aufgrund seines Lebensalters, seiner Vorerkrankungen sowie seiner Lebenssituation als Vater von zwei schulpflichtigen Kindern einen Anspruch auf eine unverzügliche Impfung gegen das Coronavirus SARS CoV-2 zu haben. Es handele sich um einen Härtefall.
Das VG Hannover hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts kann der Antragsteller einen Anspruch auf sofortige Schutzimpfung gegen das Niedersächsische Gesundheitsministerium (Antragsgegner) weder aus der Coronavirus-Impfverordnung noch aus Teilhabeansprüchen herleiten. Der Antragsteller gehöre zwar der Impfgruppe mit höchster Priorität an. Ein Anspruch auf Impfung bestehe aber nur im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe. Da dem Land derzeit nicht ausreichend Impfstoff zur Verfügung stehe, um alle Personen, die der Gruppe mit höchster Impfpriorität angehören, zu impfen, sei die Entscheidung, zunächst Bewohner von Alten- und Pflegeheimen mit dem Impfstoff zu versorgen, nicht zu beanstanden. Die Coronavirus-Impfverordnung sehe ausdrücklich vor, dass innerhalb der Impfgruppen auf Grundlage infektiologischer Erkenntnisse bestimmte Anspruchsberechtigte vorrangig berücksichtigt werden könnten. Danach sei es zulässig, zunächst Bewohner von Alten- und Pflegeheimen, die ein deutlich erhöhtes Risiko hätten, sich mit dem Coronavirus zu infizieren und an Covid-19 zu versterben, zu impfen. Die priorisierte Impfung diene einerseits dem persönlichen Schutz dieser Personen, andererseits aber auch der Wahrung der Funktionsfähigkeit der medizinischen Versorgungseinrichtungen. So könnten Ausbruchsgeschehen in Pflege- und Altenheimen aufgrund des Risikos der raschen Verbreitung des Virus innerhalb der Einrichtung zu besonderen Belastungen der Intensivbettkapazitäten in den Kliniken führen.
In der Person des Antragstellers liege auch kein besonderer Härtefall vor. Seine Situation sei im Vergleich zu anderen impfberechtigten Personen nicht derart verschärft, dass eine unverzügliche Schutzimpfung zwingend sei. Es sei ihm möglich und zumutbar, sich durch verstärkte Schutzmaßnahmen und Kontaktvermeidung vor einer Ansteckung zu schützen und sich weitgehend in seiner häuslichen Umgebung aufzuhalten. Dies unterscheide ihn maßgeblich von anderen pflegebedürftigen Personen, die auf die Betreuung durch einen ambulanten Pflegedienst oder eine Pflegeinrichtung angewiesen seien und für die eine Kontaktvermeidung zu Personen außerhalb des eigenen Hausstandes nicht umsetzbar sei. Aus dem Umstand, dass der Antragsteller Vater zweier schulpflichtiger Kinder sei, ergebe sich nichts anderes. Es erscheine möglich und umsetzbar, dass die Familieneinheit ihre Kontakte nach außen so weit wie möglich reduziere und das Ansteckungsrisiko des Antragstellers dadurch minimiere. Für die Kinder bestünde derzeit zudem keine Verpflichtung, die Schule zu besuchen, da – auch für das jüngere Kind – die Präsenzpflicht aktuell aufgehoben und die Befreiung von der Präsenzbeschulung bereits beantragt worden sei. Das Verwaltungsgericht verkenne nicht, dass sich hieraus sowohl für die Kinder als auch den Antragsteller eine hohe Belastung ergebe; dies gelte derzeit jedoch gleichermaßen für alle Familien mit schulpflichtigen Kindern und gesundheitlich vorbelasteten Haushaltsangehörigen.
Teilhabeansprüche der Bürger seien ebenfalls durch die tatsächlich zur Verfügung stehenden Impfstoffkapazitäten begrenzt, sodass der Antragsteller lediglich eine Verteilung des Impfstoffes nach sachgerechten Maßstäben verlangen könne. Dies sei vorliegend gewährleistet. Die durch den Antragsgegner festgelegte Reihenfolge der Verteilung der Impfstoffe sei sachgerecht und stelle keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung des Antragstellers mit Bewohnern von Pflege- und Altenheimen dar.
Gegen die Entscheidung kann der Antragsteller Beschwerde vor dem OVG Lüneburg erheben.