Das Verwaltungsgericht Hannover hat mit Beschluss vom 10.09.2020 zum Aktenzeichen 6 B 4530/20 entschieden, dass eine Schülerin keinen Anspruch auf Homeschooling hat, nur weil ihr Vater zur Coronavirus-Risikogruppe gehört.
Aus der Pressemitteilung des VG Hannover vom 10.09.2020 ergibt sich:
Die Antragstellerin verfolgte mit ihrem Eilrechtsantrag die Befreiung von der Verpflichtung zur Teilnahme am Präsenzunterricht zur Ermöglichung der Teilnahme am „Homeschooling“. Zur Begründung berief sie sich darauf, dass ihr Vater der Coronavirus-Risikogruppe zuzuordnen sei.
Das VG Hannover hat den Eilantrag abgelehnt.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist eine Befreiung vom Besuch der Schule in besonders begründeten Ausnahmefällen zwar möglich, ein solcher sei im Falle der Antragstellerin aber nicht gegeben. Das Vorliegen eines entsprechenden Ausnahmefalls erfordere – gemäß den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift des Niedersächsischen Kultusministeriums zur Befreiung vom Präsenzunterricht bei vulnerablen Angehörigen vom 03.09.2020 – unter anderem neben der Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit des Angehörigen zu einer Risikogruppe, dass vom Gesundheitsamt für einen bestimmten Zeitraum eine Infektionsschutzmaßnahme an der Schule verhängt wurde. Im Falle der Antragstellerin fehle es an letzterer Voraussetzung. Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Befreiung vom Präsenzunterricht daran geknüpft werde, ob das Gesundheitsamt eine entsprechende Infektionsschutzmaßnahme verhängt habe. Diese Verwaltungspraxis diene in legitimer Weise der Umsetzung der staatlichen Verpflichtung zum Schutze des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Sofern sie das Vorliegen der Verhängung einer Infektionsmaßnahme an der Schule erfordere, differenziere sie damit in zulässiger Weise zwischen einer (bloß) abstrakten, allgemeinen Gefährdungslage sowie der konkreten Gefahr einer Infektion mit dem Corona-Virus im Falle einer bereits nachgewiesenen Neuinfektion seitens des zuständigen Gesundheitsamtes. Die Schule habe bereits besondere Hygieneregelungen, wie beispielsweise die grundsätzliche Maskenpflicht im Schulgebäude, für den Schulbesuch im Schuljahr 2020/2021 aufgestellt. Sofern allerdings trotz dieser Schutz- und Hygienevorschriften die allgemein abstrakte Gefährdungslage im Falle einer nachgewiesenen Neuinfektion und einer hiermit einhergehenden Verhängung einer Infektionsschutzmaßnahme eine Konkretisierung erfahre, ermögliche diese Verwaltungspraxis die Befreiung eines Schülers/einer Schülerin von der Teilnahme am Präsenzunterricht zur Teilnahme am „Homeschooling“ für den Zeitraum, für den die Infektionsschutzmaßnahme verhängt worden sei. Eine derart ausdifferenzierte Regelung bringe die widerstreitenden Interessen zwischen der grundsätzlich in Form einer Schulbesuchspflicht bestehenden Schulpflicht (§ 63 Abs. 1 Satz 1 NSchG i.V.m. Art. 4 Abs. 2 NV) und dem staatlichen Schutzauftrag aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG sowie – wie im vorliegenden Fall vulnerabler Angehöriger – der Verpflichtung zum besonderen Schutz der Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG in verfassungskonformer Weise zu einem möglichst schonenden Ausgleich.
Den Beteiligten steht das Rechtsmittel der Beschwerde zum OVG Lüneburg zu.