Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 28.08.2019 zum Aktenzeichen 15 K 11189/17 entschieden, dass die Anordnung des Abbruchs eines einzelnen Wochenendhauses ermessensfehlerhaft ist, wenn es in dem Wochenendhausgebiet zahlreiche weitere baurechtliche Verstöße gibt.
Aus der Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 06.11.2019 ergibt sich:
Die Kläger sind Eigentümer zweier mit jeweils einem Wochenendhaus bebauten Grundstücke, die sich im Bereich des Wochenendhausgebiets „Lettenhau“ der Gemeinde Magstadt im Landkreis Böblingen befinden. Da diese baulichen Anlagen nicht den Anforderungen des Bebauungsplans „Lettenhau“ von 2005 bzw. der zuvor gültigen Ortsbausatzung von 1958 entsprachen, ordnete das Landratsamt gegenüber den Klägern mit Bescheid vom 21.05.2015 an, eines der beiden Wochenendhäuser samt Pergola bzw. Überdachung, die sich auf dem Grundstück befinden, zu beseitigen, die verbleibende Pergola bzw. Überdachung des verbleibenden Wochenendhauses auf das Maximalmaß von 12 m² zu reduzieren und den Stacheldraht vollständig zu entfernen. Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahren haben die Kläger Klage zum VG Stuttgart erhoben.
Das VG Stuttgart hat der Klage stattgegeben.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die vom Landratsamt Böblingen verfügte Abbruchsanordnung rechtswidrig. Die baulichen Anlagen seien zwar nicht durch eine Baugenehmigung legalisiert und seien zudem materiell baurechtswidrig, da sie gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans bzw. der Ortsbausatzung verstießen. Das Landratsamt habe jedoch das ihm eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt, denn es liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vor. Das Landratsamt habe insgesamt kein ausreichendes systematisches Eingreifenskonzept, das aber erforderlich sei, weil es im Gebiet Lettenhau eine Vielzahl von baurechtlichen Verstößen gebe. Das Gebiet des Bebauungsplans Lettenhau umfasse mehr als 130 Flurstücke. Das Landratsamt sei in den letzten Jahren in insgesamt 25 Fällen tätig geworden. Es handele sich dabei um nicht einmal 20% aller Grundstücke.
Das Landratsamt könne sich auch nicht darauf berufen, bei dem Grundstück der Kläger handele es sich um ein „Musterfall“. Denn bereits im Jahr 2012 sei ein „Musterverfahren“ vor dem VG Stuttgart durchgeführt worden; dieses Verfahren sei mit Urteil vom 13.04.2016 (2 K 158/13) entschieden worden. Schließlich würden auch keine sachlichen Gründe dafür vorliegen, im Einzelfall anlassbezogen gerade gegen die baulichen Anlagen auf dem Grundstück der Kläger vorzugehen, noch bevor gegen andere bauliche Anlagen vorgegangen werde. Es gebe bauliche Anlagen im Gebiet Lettenhau, welche in deutlich größerem Ausmaß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans verstießen.
Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom VGH Mannheim zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu beantragen.