Der Verfassungsgerichtshof Sachsen hat mit Beschluss vom 27.06.2019 zum Aktenzeichen 64-IV-18 entschieden, dass es verfassungswidrig ist, einem Häftling in Sicherungsverwahrung einen Internetzugang zu versagen.
Die JVA lehnte den Antrag mit Verfügung vom 16. Juni 2017 ab. Dem Häftling könne Internet nicht wie begehrt bewilligt werden, weil die zuvor nach erforderlicher Zulassung anderer Formen der Telekommunikation, z.B. die Nutzung des Internets (Foren, Mailverkehr) durch die Aufsichtsbehörde nicht erteilt worden sei.
Die Tragweite des Grundrechts des Häftlings auf effektiven Rechtsschutz i.V.m. dessen Grundrecht auf Informationsfreiheit wird verfassungswidrig verkannt, weil sie auf einer unzureichenden Aufklärung des im Hinblick auf die Frage einer Verletzung des Grundrechts auf Informationsfreiheit entscheidungserheblichen Sachverhalts beruht.
Das Begehren des Häftlings auf einen Internetzugang zu Weiterbildungszwecken ist grundrechtlich durch geschützt. Das Grundrecht der Informationsfreiheit gewährleistet das Recht, sich ungehindert aus Quellen zu unterrichten, die allgemein zugänglich sind. Zu den Informationsquellen, die den Schutz des Grundrechts genießen, gehören von vornherein die Massenkommunikationsmittel, darunter das Internet und dabei wegen der leichten Verfügbarkeit der Informationen in zunehmendem Maße andere Medien, wie zum Beispiel Lexika, Zeitschriften oder Fernsehen ersetzt.
Die Freiheitsentziehung ist so auszugestalten und an das Leben im Maßregelvollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen anzupassen, soweit Sicherheitsbelange dem nicht entgegenstehen. Dabei bedarf der besondere Charakter der Sicherungsverwahrung bei Beschränkungen einer umfassenden und stärker auf den Einzelfall bezogenen Abwägung zwischen den Interessen des Verwahrten und den entgegenstehenden Sicherheitsbelangen der Anstalt.
So hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die bedeutende Rolle des Internets im täglichen Leben der Bevölkerung betont, insbesondere seit dem bestimmte Informationen ausschließlich im Internet verfügbar seien
Damit widerspricht es dem Grundrecht der Informationsfreiheit, wenn vorliegend der Antrag des Häftlings auf Zugang zum Internet zu Weiterbildungszwecken durch die JVA mit dem bloßen Verweis auf eine mangelnde Zulassung der Aufsichtsbehörde abgelehnt wird. Erforderlich wäre vielmehr im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gewesen, auf die Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die JVA hätten sich mit dem Vorbringen des Häftlings eingehend auseinandersetzen müssen, dass der gewünschte Zugang für dessen weitere Ausbildung erforderlich sei. Erörterungsbedürftig wäre zudem gewesen, in welchem Umfang der Häftling sonst Zugang zu Medien (-inhalten) hat. Ferner hätte im Einzelnen festgestellt werden müssen, zu welchen Internetseiten Zugang begehrt wird und von wem sie betrieben werden, um anschließend einzelfallbezogen entscheiden zu können, ob ggf. ein begrenzter oder kontrollierter Zugang zu bestimmten Internetseiten mit Bildungsrelevanz in Betracht zu ziehen ist, bzw. eingehend zu begründen, warum ein entsprechender Antrag aus Sicherheitsbelangen abzulehnen ist.