Einhelliges Lob von Sachverständigen hat es bei einer Anhörung im Ausschuss für Inneres und Heimat zu zwei Vorstößen zur Bekämpfung der homo- und transfeindlichen Hasskriminalität gegeben.
Aus hib – heute im bundestag Nr. 761 vom 08.06.2021 ergibt sich:
In der Sitzung unter der Leitung von Jochen Haug (AfD) ging es um einen Antrag der FDP-Fraktion (BT-Drs. 19/26159 – PDF, 245 KB) mit dem Titel „Vielfalt schützen – Homo- und transfeindliche Hasskriminalität bekämpfen“ und einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drs. 19/26886 – PDF, 544 KB) mit dem Titel „Hass und Hetze gegen LSBTI wirksam bekämpfen“.
Bastian Finke (MANEO) regte unter anderem an, dass Tagesseminare, die Wissen über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt vermitteln, zum festen Ausbildungs-Bestandteil an allen Landespolizeischulen werden sollten. Professionelle Opferhilfeberatungsstellen für LSBTI müssten deutschlandweit und mit Bundesmitteln aufgebaut und gefördert werden. Zudem solle die besondere Schutzbedürftigkeit für Opfer von Hasskriminalität und die damit verbundenen Bereitstellung zusätzlicher Hilfsangebote verbessert werden. Besondere Aufmerksamkeit sollten dabei Menschen bekommen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind.
Ines Karl, Ansprechperson für LSBTI bei der Berliner Staatsanwaltschaft, unterstützte beide Anträge grundsätzlich, da sie einen wirksamen Ansatz beschrieben, mehr Vertrauen in Polizei und Justiz und so eine wirksamere Strafverfolgung in diesem Feld der Hasskriminalität zu erreichen und die Demokratie zu stärken. Seit 2012 gebe es die speziellen Ansprechpersonen bei der Staatsanwaltschaft in Berlin, die Menschen zur Seite stünden, die Opfer oder Zeugen homo- oder transphober Straftaten geworden seien. Sie sei europaweit die einzige Staatsanwaltschaft, die den besonderen Bedürfnissen der queeren Community Rechnung trage und diese Aufgabe mit hoher Sensibilität und geschärfter Aufmerksamkeit wahrnehme. Innerhalb der Community sei die Bereitschaft, Straftaten anzuzeigen, signifikant geringer als außerhalb. Meist spielten Angst und Scham eine Rolle. Durch Ansprechpersonen bei Polizei und Staatsanwaltschaften solle auch die Anzeigebereitschaft erhöht und das Dunkelfeld erhellt werden.
Marco Klingberg (Verband lesbischer und schwuler Polizeibediensteter) schätzte das Dunkelfeld auf 80 bis 90 Prozent. Mangelndes Vertrauen in die Arbeit der Polizei könne Betroffene vermuten lassen, dass eine Straftat als geringfügig eingeschätzt werde und eine Anzeige also nichts bringe. Sein Verband unterstütze beide Anträge. Eine Stärkung der Ansprechpersonen bei der Polizei sei wichtig. Dafür müsse es bundeseinheitliche Standards geben. Die LSBTI-Thematik müsse fester Bestandteil der Aus- und Fortbildung bei der Polizei werden. Dies sei in einigen Bundesländern nicht oder kaum der Fall.
Sarah Ponti vom LSVD-Bundesverband strich heraus, Hass sei die intensivste Ausdrucksform von LSBTI-Feindlichkeit. Der Verband unterstütze beide Anträge, da sie wichtige Maßnahmen zu Prävention, Erfassung und Strafverfolgung beinhalteten. Trotz vieler rechtlicher und gesellschaftlicher Fortschritte könne es nach wie vor sehr gefährlich sein, im öffentlichen Raum als lesbisch, schwul, bisexuell, trans- und/oder intergeschlechtlich erkannt oder dafür gehalten zu werden. Die nächste Bundesregierung solle zügig eine unabhängige Kommission zur Erarbeitung eines umfassenden Konzepts gegen LSBTI-Feindlichkeit einsetzen. Solche Kommissionen zu Antizionismus und Antiziganismus hätten sich bewährt.
Cato Schirmer (LesMigraS/Lesbenberatung) meinte, die in den von ihr begrüßten Initiativen der beiden Fraktionen geforderten Veränderungen seien seit langem fällig. Aber Vieles davon stehe noch aus und müsse dringend getan werden. Die Anzeigebereitschaft sei zwar gestiegen. Es sei schon einiges geschehen, aber noch nicht genug. Gewalt gegen LSBTQ-Personen, wie sie sagte, sei keine Randerscheinung und dürfe nicht bagatellisiert werden. Diese Personen seien durch die Corona-Pandemie besonders betroffen worden – etwa weil Räume der Begegnung geschlossen wurden. Die Zahl der Beratungsanfragen sei deutlich gestiegen.