Das Bundessozialgericht hatte am 21.07.2021 zum Aktenzeichen B 14 AS 29/20 R zu entscheiden, ob ein Leistungsbezieher ein höheres Alg II unter Berücksichtigung des erhöhten Grundfreibetrags vom Einkommen erhält.
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Alg II unter Absetzung des erhöhten Grundfreibetrags für steuerbefreite Einnahmen vom Erwerbseinkommen des Klägers. Der Kläger ist Sportlehrer und bezieht laufend Alg II. Er stand seit 2011 bei einem Fitnessstudio und seit 2013 bei einem Sportverein als Trainer bzw Übungsleiter von Sportkursen unter Vertrag. Im allein noch streitbefangenen Monat April 2016 erzielte er nur aus der Tätigkeit für den Verein ein Erwerbseinkommen. Der Einkommensberechnung legte das beklagte Jobcenter ua den Grundfreibetrag von 100 Euro als Absetzbetrag zugrunde. Während die Klage beim SG ohne Erfolg geblieben ist, hat das LSG den Beklagten verurteilt, dem Kläger höhere Leistungen unter Berücksichtigung des erhöhten Grundfreibetrags von 200 Euro nach § 11b Abs 2 Satz 3 SGB II iVm § 3 Nr 26 EStG für steuerbefreite Einnahmen zu zahlen. Die für den Verein ausgeübte Tätigkeit habe der Kläger nach Maßgabe des Steuerrechts nur nebenberuflich ausgeübt. Die Privilegierung des § 11b Abs 2 Satz 3 SGB II erfasse nicht nur eine im Wesentlichen gegen Aufwandsentschädigung ausgeübte ehrenamtliche Tätigkeit.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision macht der Beklagte eine Verletzung des § 11b Abs 2 Satz 3 SGB II geltend. Sinn und Zweck des erhöhten Grundfreibetrags sei eine Förderung des freiwilligen Engagements leistungsberechtigter Personen. Die Vorschrift sei daher einschränkend so auszulegen, dass es eines ehrenamtlichen Gepräges der Tätigkeit bedürfe. Dies gelte jedenfalls dann, wenn wie hier die Tätigkeit auf Dauer angelegt sei, der Einkommenserzielung diene und sich nach der Verkehrsanschauung als Hauptberuf darstelle.
Auf die Revision des Beklagten ist das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache an das LSG zurückverwiesen worden. Ob dem Kläger für April 2016 höheres Alg II unter Berücksichtigung des erhöhten Grundfreibetrags vom Einkommen zusteht, konnte der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden.
Voraussetzung für die Berücksichtigung des erhöhten Grundfreibetrags vom Einkommen nach § 11b Abs 2 Satz 3 SGB II ist, dass der Kläger mindestens aus einer Tätigkeit Einnahmen erzielt, die nach § 3 Nr 26 Einkommensteuergesetz steuerfrei ist. Dies setzt eine nebenberufliche Tätigkeit unter anderem als Übungsleiter im Auftrag einer unter § 5 Abs 1 Nr 9 Körperschaftssteuergesetz fallenden Einrichtung sowie die Ausübung dieser Tätigkeit zur Förderung gemeinnütziger Zwecke voraus.
Für die Beurteilung der Nebenberuflichkeit ist nach Maßgabe der steuerrechtlichen Rechtsprechung Voraussetzung, dass der zeitliche Umfang der Tätigkeit nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbar in Vollzeit Erwerbstätigen umfasst. Maßgeblich ist insoweit regelmäßig der steuerrechtliche Veranlagungszeitraum. Bei Ausübung mehrerer gleichartiger Tätigkeiten, wovon bei den Tätigkeiten des Klägers als Trainer im Fitnessstudio und als Übungsleiter für den Verein auszugehen ist, ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung auf beide Tätigkeiten abzustellen. Anlass für eine grundsicherungsrechtliche Modifizierung dieses Zeitraums besteht jedenfalls im vorliegenden Verfahren nicht. Allerdings fehlt es an tatsächlichen Feststellungen des LSG zu den geleisteten Stunden im Veranlagungszeitraum sowohl für das Fitnessstudio als auch für den Verein.
Soweit § 3 Nr 26 Einkommensteuergesetz zudem voraussetzt, dass auch die ausgeübte Tätigkeit selbst der Förderung gemeinnütziger Zwecke dient, gilt im Anwendungsbereich des § 11b Abs 2 Satz 3 SGB II nichts anderes. Denn auch dieser Regelung liegt die Vorstellung zugrunde, freiwillige („selbstlose“) Tätigkeiten durch höhere Absetzbeträge zu privilegieren. Anders als der Beklagte meint, werden davon nicht nur ehrenamtlich ausgeübte Tätigkeiten erfasst, wie Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Normen belegen. Wird aber die Tätigkeit im Rahmen der Erfüllung der Satzungszwecke einer Einrichtung ausgeübt, die wegen Förderung ua gemeinnütziger Zwecke steuerbefreit ist, ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass die Tätigkeit ebenfalls der Förderung dieser steuerbegünstigten Zwecke dient, soweit – wie hier – keine konkreten Anhaltspunkte für eine abweichende Bewertung vorliegen.