Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat mit Urteil vom 29.06.2021 zum Aktenzeichen 2 Sa 313/20 entschieden, dass Bemessungsgrundlage und Bemessungssatz zur Berechnung der Sonderzahlung nach § 20 TV-L unterscheiden sich danach, ob das am 01. Dezember des Kalenderjahres bestehende Arbeitsverhältnis vor oder nach dem 31. August des Kalenderjahres begonnen hat.
Dies gilt auch bei einem Wechsel von einer Vollzeit– zu einer Teilzeitbeschäftigung und wenn die Arbeitsverhältnisse nicht unmittelbar aneinander anschließen.
Die Parteien streiten über die Höhe der tariflichen Jahressonderzahlung für das Kalenderjahr 2019.
Die Klägerin war bei dem beklagten Land als vollbeschäftigte Lehrkraft beschäftigt.
Mit Ablauf des 31.07.2019 beendete sie dieses Vollzeitarbeitsverhältnis aus gesundheitlichen Gründen und bezog seitdem vorgezogene Altersrente.
Auf dringende Bitte ihrer ehemaligen Schule erklärte sich die Klägerin bereit, zur Absicherung einer qualifizierten Unterrichtsversorgung über den31.07.2019 hinaus tätig zu sein.
Ab Montag den 12.08.2019, die Sommerferien waren seit Sonnabend, den 10.08.2021 ,beendet, wurde die Klägerin als teilzeitbeschäftigte Lehrkraft mit einer Unterrichtsverpflichtung von zwei Stunden wöchentlich eingesetzt.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TV-L Anwendung. Gemäß § 20 TV-L haben Beschäftigte, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen, Anspruch auf eine Jahressonderzahlung. Bemessungsgrundlage ist das monatliche Entgelt, das den Beschäftigten in den Kalendermonaten Juli, August und September durchschnittlich gezahlt wurde.
Der Bemessungssatz bestimmt sich nach der Entgeltgruppe am 1. September.
Das beklagte Land hat für die Berechnung der Sonderzahlung das Entgelt der Klägerin für die Teilzeitbeschäftigung in den Monaten August und September zugrunde gelegt.
Die Klägerin meint, bei der Berechnung der Jahressonderzahlung 2019 hat das beklagte Land auch das im Monat Juli 2019 erzielte Entgelt bei der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen und daher noch einen Differenzbetrag in Höhe von 782,96 € zu zahlen.
Das ArbG hat der Zahlungsklage stattgegeben.
Die Berufung des beklagten Landes hat keinen Erfolg.
Der Klägerin steht ein weiterer Zahlungsanspruch bezüglich der Jahressonderzahlung 2019 in Höhe von mindestens 782,96 € brutto zu.
Die Höhe des Anspruchs auf Jahressonderzahlung berechnet sich gemäß § 20 Abs. 2 und 3 TV-L nach Bemessungsgrundlage und Bemessungssatz.
Dabei legt § 20 Abs. 3 unterschiedliche Regelungen hinsichtlich Bemessungsgrundlage und Bemessungssatz für Arbeitsverhältnisse fest, welche bis einschließlich 31.08. des Jahres begründet wurden und Arbeitsverhältnisse, die erst nach dem 31.08. begonnen haben.
Vorliegend ist das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht nach dem 31.08.2019 begründet worden. § 20 Abs. 3 S. 2 TV-L findet deshalb keine Anwendung.
Da das Arbeitsverhältnis der Klägerin vorliegend nicht nach dem 31.08.2019 begonnen hat, gilt für sie als Bemessungsgrundlage das Entgelt der Monate Juli, August und September.
In der Protokollnotiz zu § 20 Abs. 3 TV-L haben die Tarifvertragsparteien ausdrücklich festgehalten, dass die drei Monate auch dann ausschlaggebend sind, wenn eine Änderung des
Beschäftigungsumfangs erfolgt.
Damit gibt die Protokollnotiz eindeutig wieder, was in Fällen – wie dem vorliegenden – zu geschehen hat, wenn von einer Vollzeittätigkeit auf eine Teilzeittätigkeit umgestellt wird.
Gleichzeitig regelt die Protokollnotiz auch den Fall, dass im Bemessungszeitraum nicht für alle Kalendertage Entgelt bezahlt worden ist.
Dies trifft im Arbeitsverhältnis der Klägerin ebenfalls zu, denn sie hat im Zeitraum 01. bis 11.08.2019 kein Entgelt bezogen.
Soweit das beklagte Land davon ausgeht, bei der Berechnung der Jahressonderzahlung sei allein das am 01.12. des betreffenden Jahres bestehende Arbeitsverhältnis anspruchsbegründend und damit das ab dem 12.08.2019 durch die Klägerin bezogene Entgelt als Bemessungsgrundlage heranzuziehen, das vorherige, mit vorzeitigem Renteneintritt zum 31.07.2019 beendete Arbeitsverhältnis sei nicht zu berücksichtigen, ist diese Auffassung nicht nachvollziehbar.
Sie widerspricht dem eindeutigen Wortlaut der Regelungen in § 20 Abs. 3 TV-L zur Berechnung der Jahressonderzahlung und steht nicht mit der Rechtsprechung des BAG in Einklang, wie sie in den Urteilen vom 22.03.2017 – 10 AZR 623/15 – und vom 12.12.2012 – 10 AZR 922/11 – niedergelegt ist.
Soweit das beklagte Land ausführt, es sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin im Falle der Nichtaufnahme der Teilzeittätigkeit wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.07.2019 keinerlei Anspruch auf Sonderzahlung für das Jahr gehabt hätte und es sei nicht erkennbar, aus welchem Grunde nunmehr das vorherig bestehende Arbeitsverhältnis Berücksichtigung finden solle, übersieht das beklagte Land Sinn und Zweck der Leistung einer Jahressonderzahlung.
Die Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L stellt eine Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung dar und hat Vergütungscharakter.
Gleichzeitig wird mit der Jahressonderzahlung Betriebstreue honoriert, was die Stichttagsregelung in § 20 Abs. 1 TV-L, die einen Bestand des Arbeitsverhältnisses am 01. Dezember verlangt, bestätigt.
Darüber hinaus sollen die Mitarbeiter durch die Jahressonderzahlung auch für die Zukunft zu reger und engagierter Mitarbeit motiviert werden (BAG, Urteil vom 12.12.2012 – 10 AZR 922/11 ).