Das Amtsgericht Jülich hat mit Urteil vom 20.09.2021 – 9 C 71/21 in einem von Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach LL.M. der Kölner Rechtsanwaltskanzlei JURA.CC vertretenen Fall entschieden, dass der Vermieter einer Räumlichkeit für eine Hochzeitsfeier eine Anzahlung zu erstatten hat, wenn wegen der Corona-Pandemie die Durchführung der Feier untersagt ist.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung gegen den Beklagten aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB. Danach besteht ein Anspruch auf Herausgabe des Erlangten, wenn der rechtliche Grund später wegfällt.
Der Anwendbarkeit des Kondiktionstatbestands ist weder aufgrund vertraglicher Vereinbarung noch kraft spezieller Regelung ausgeschlossen. Soweit vorgetragen und ersichtlich haben die Parteien trotz Pandemie-Lage bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses keinerlei Regelung über die Folgen möglicher behördlicher Untersagungen oder anderer Hindernisse für die Leistungsdurchführung getroffen. Auch die Vertragsänderung erfolgte schlicht in Form einer Verlegung des Termins, ohne dass weitere Vereinbarungen getroffen worden wären. Die Leistungskondiktion ist hier nicht aufgrund des Vorrangs der Regelungen des allgemeinen oder besonderen Schuldrechts ausgeschlossen. Insbesondere hat keine der Parteien behauptet, dass ein Rücktritt vom Vertrag erklärt worden wäre.
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt 1 BGB liegen vor. Der Beklagte hat durch Leistung des Klägers etwas erlangt, nämlich die Anzahlung für die geplante Feier. Der Rechtsgrund für diese Leistung ist nachträglich weggefallen, da das zu Grunde liegende Rechtsgeschäft zunächst wirksam war, die jeweiligen Pflichten der Parteien jedoch im Nachhinein unmöglich wurden. Die vertraglich vorgesehene (Gegen-)Leistung des Klägers, nämlich die Vergütung einschließlich Anzahlung ist gemäß §§ 326 Abs.1, 275 Abs. 1 BGB entfallen.
Nach § 326 Abs. 1 BGB entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung, wenn der Schuldner nach § 275 Abs. 1-3 BGB nicht zu leisten braucht. Dies war hier der Fall. Es war behördlich untersagt, die Räumlichkeit für eine Feier zu überlassen. Es handelt sich um einen Fall der Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB. Bei dem von den Parteien geschlossenen Vertrag über die Überlassung von Räumlichkeiten handelt es sich um ein absolutes Fixgeschäft. Es solches liegt vor, wenn der Leistungszeitpunkt nach Sinn und Zweck des Vertrags und nach der Interessenlage der Parteien so wesentlich ist, dass eine verspätete Leistung keine Erfüllung mehr darstellt. Dies war hier der Fall. Die Parteien haben den Vertrag anlässlich der Ausrichtung einer (Hochzeits-)Feier für 400 Personen durch den Kläger abgeschlossen. Der Zeitpunkt einer solchen großangelegten Feier ist insbesondere deswegen von wesentlicher Bedeutung, weil Einladungen mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf ausgesprochen werden müssen. Der für die Leistung bestimmte Zeitpunkt war damit so wesentlich, dass durch eine verspätete Vertragsdurchführung keine Erfüllung eintreten konnte.
Aus § 313 Abs. 1 BGB folgt nichts anderes. Die Regelungen über eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage sind jedenfalls gegenüber den Rechtsfolgen einer Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 1 BGB subsidiär. Im Übrigen dürfte auch keine unvorhergesehene Vertragsstörung vorliegen. Denn die Parteien haben den Vertrag nach Ausbruch der Covid19-Pandemie geschlossen. Insoweit trägt der Beklagte als Gläubiger der Gegenleistung das ihm nach §§ 326 Abs.1, 275 Abs. 1 BGB auferlegte Risiko, dass der Vergütungsanspruch infolge der Unmöglichkeit der Hauptleistung entfällt.