Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim hat am 17.09.2020 zum Aktenzeichen 9 S 2092/18 entschieden, dass die vorzeitige Abberufung der ehemaligen Rektorin der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg zu Recht erfolgt ist.
Aus der Pressemitteilungen des VGH BW Nr. 41/2020 vom 01.10.2020 und Nr. 9/2021 vom 11.02.2021 ergibt sich:
Die Klägerin wurde am 13.12.2011 vom Hochschulrat auf sechs Jahre zur Rektorin der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg (HöVF) gewählt. Mit Bescheid vom 26.02.2015 teilte das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg – unter Anordnung der sofortigen Vollziehung – der Klägerin die vorzeitige Beendigung ihres Amtes als Rektorin nach Herstellung des Einvernehmens nach § 18 Abs. 5 Satz 3 LHG mit. Hiergegen erhob die Klägerin Klage und beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Ihr Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hatte vor dem VG Stuttgart und in der Beschwerdeinstanz keinen Erfolg. Das VG Stuttgart hatte der Klage im Hauptsacheverfahren mit Urteil vom 17.05.2018 stattgegeben und den Bescheid des Ministeriums vom 26.02.2015 aufgehoben. Das Abwahlverfahren sei in vielerlei Hinsicht fehlerhaft geführt worden. Sowohl das Land Baden-Württemberg wie die beigeladene Hochschule wandten sich mit ihren vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufungen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts.
Der VGH Mannheim hat der Berufung gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts stattgegeben.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes war die vorzeitige Beendigung des Amtes der ehemaligen Rektorin der Hochschule für Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die vorzeitige Beendigung des Amts der Klägerin als Rektorin seien erfüllt. Das hierfür nach § 18 Abs. 5 Satz 1 LHG erforderliche wechselseitige Einvernehme zwischen Hochschulrat, Senat und Wissenschaftsministerium sei wirksam erzielt worden.
Der Abberufungsvorschlag des Hochschulrats sowie die Zustimmungsentscheidungen des Senats der Hochschule sowie des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst seien zunächst in formeller Hinsicht wirksam. Insbesondere hätten der Hochschulrat sowie der Senat der Hochschule bei ihren Sitzungen den Grundsatz der Öffentlichkeit nicht verletzt.
Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht sei die vorzeitige Beendigung des Amts der Klägerin nicht zu beanstanden. Die gerichtliche Überprüfung der Beschlüsse des Hochschulrats und des Senats sowie der Zustimmung des Wissenschaftsministeriums erstrecke sich nur darauf, ob ein wichtiger Grund in der von der Abberufung betroffenen Person vorliege und ob mit der Abberufung keine missbräuchlichen Zwecke verfolgt würden.
Dass ein wichtiger Grund Hochschulrat, Senat der Hochschule und Ministerium bewogen habe, das Einvernehmen über die vorzeitige Beendigung des Amtes herbeizuführen, sei nicht zweifelhaft. Angesichts des nachhaltigen Verlusts des Vertrauens in die Amtsführung der Klägerin und mit Blick auf die Zerrüttung des Verhältnisses zur Kanzlerin, zu den Fakultätsleitungen sowie zu Hochschulrat und Senat sei aus nachvollziehbaren Gründen keine Möglichkeit mehr gesehen worden, den andauernden und immer weiter eskalierenden Konflikt zu beenden. Auf die Verschuldensfrage komme es nicht entscheidend an. Auch bei Zugrundelegung der erheblich breiteren Entscheidungsgrundlage des Hauptsacheverfahrens habe der Konflikt im Übrigen keineswegs allein oder ganz überwiegend auf Dienstpflichtverletzungen anderer bzw. auf den behaupteten Fürsorgepflichtverletzungen des Ministeriums beruht, sondern nicht unerheblich (zumindest auch) auf dem Führungsstil und dem persönlichen Verhalten der Klägerin.
Die Abberufung der Klägerin sei keinem Verdacht des treuwidrigen Verhaltens bzw. des Rechtsmissbrauchs ausgesetzt. Die vom Ministerium eingesetzte externe Kommission habe den Auftrag gehabt, die Funktions- und Gestaltungsfähigkeit der Hochschule zu analysieren und Empfehlungen zur Überwindung der Vertrauens- und Führungskrise zu geben. Der Senat habe keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die Kommissionsmitglieder in ihrem Vorgehen, in ihrer Analyse und Wertung der Situation an der HöVF und bei ihren Empfehlungen unabhängig gewesen seien und insbesondere keinen Weisungen des Wissenschaftsministeriums unterlegen hätten.
Zwar werfe die Einsetzung der Kommission angesichts der ihr verliehenen Rechte die Frage auf, ob sie von einer ausreichenden Rechtsgrundlage getragen werde. Daraus könne allerdings nicht der Schluss auf eine etwaige Treuwidrigkeit beziehungsweise Rechtsmissbräuchlichkeit der Abberufung der Klägerin als Rektorin gezogen werden. Es bestehe kein Grund, die in dem Kommissionsbericht enthaltenen Erkenntnisse einem Verwertungsverbot zu unterziehen. Dass dieser von Seiten des Beklagten in rechtlich bedenklicher Weise unsachlich oder rechtsmissbräuchlich beeinflusst worden sein könnte oder dass es gar zu Manipulationen am Inhalt des Kommissionsberichts gekommen wäre, sei nicht ersichtlich.
Im Übrigen setze die Annahme der Rechtsmissbräuchlichkeit der Beschlüsse in Hochschulrat und Senat wie auch der damit verknüpften Zustimmung des Ministeriums voraus, dass der Vertrauensverlust „vorgeschoben“ sei bzw. dass mit der Abberufung allein sachwidrige Ziele verfolgt würden. Dies könne zunächst im Hinblick auf das dem Ministerium zuzurechnende Verhalten im Zusammenhang mit der Einsetzung und der Arbeit der Kommission nicht festgestellt werden. Nicht zum Erfolg führe aber auch der Vortrag der Klägerin, einzelne Mitglieder des Hochschulrats und des Senats hätten den Vorschlag des Hochschulrats und die Erklärung des Einvernehmens durch den Senat missbraucht, um ihre Dienstvergehen und Straftaten zu vertuschen, und der Vertrauensverlust beruhe auf einer Intrige und sei konstruiert. Insoweit sei entscheidend, dass der Hochschulrat seinen Vorschlag am 15. Januar 2015 und der Senat seine Zustimmung zu dem Vorschlag am 28. Januar 2015 mit dem gesetzlich vorgesehenen Quorum von zwei Dritteln der Mitglieder des Gremiums formell ordnungsgemäß gefasst habe. Auf die – im Einzelfall ggf. unsachlichen – Motive der Hochschulrats- und Senatsmitglieder, die diese zur Beschlussfassung veranlasst hätten, komme es grundsätzlich nicht an. Für die Annahme, dass der nachhaltige Vertrauensverlust nur vorgeschoben gewesen sei bzw. dass mit den Abstimmungen in Hochschulrat und Senat allein oder auch nur maßgeblich unsachliche Ziele verfolgt worden seien, fehlten jedwede Anhaltspunkte. Dies gelte nicht zuletzt auch mit Blick auf die eindeutigen Mehrheitsverhältnisse in Hochschulrat und Senat, die auch belegten, dass der Vertrauensverlust der Klägerin über den Kreis der von ihr als Gegenspieler/innen Benannten hinausgegangen sei und dass diese im Übrigen auch keine durch eine übereinstimmende oder gleichgerichtete Interessenlage verbundene homogene Gruppe darstellten. Schließlich sei auf Seiten des Beklagten auch keine Fürsorgepflichtverletzung gegeben, die – allein oder in der Gesamtschau mit anderen – die Rechtswidrigkeit der Abberufungsentscheidung begründen könnte.
Die Revision wurde nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung der Revision kann binnen eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils Beschwerde zum BVerwG eingelegt werden.