Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 12.03.2020 zum Aktenzeichen 274 C 7752/19 entschieden, dass eine Hausratversicherung nicht für einen aus einem Auto entwendeten Koffer zahlen muss, wenn das Auto per Funksignal unbefugt geöffnet wurde.
Aus der Pressemitteilung des AG München Nr. 46/2020 vom 16.10.2020 ergibt sich:
Der Pkw des Klägers kann mittels eines Keyless-Go-Systems über Funk ver- und entriegelt werden Am 10.12.2018 stellte der Kläger seinen PKW in Frankfurt am Main ab und verließ es für fünf Minuten. In dieser Zeit wurden ein Reise- und ein Pilotenkoffer von einem unbekannten Täter entwendet. An dem Pkw befanden sich danach keine Aufbruchspuren. Der Kläger verständigte umgehend die örtlich zuständige Polizeidienststelle und erstattete Strafanzeige gegen Unbekannt. Dieses Verfahren wurde eingestellt, da kein Täter ermittelt werden konnte. Teile seiner Uniform, Ausweisdokumente und Pilotenlizenz wurden im von der Polizei ausgehändigt, nachdem sie in einer Mülltonne in unmittelbarer Nähe zum Tatort gefunden worden waren. Der Pilotenkoffer nebst den seinem Arbeitgeber gehörenden Geräten sowie die Uniform wurden durch seinen Arbeitgeber ersetzt. Der Vertrag über die Hausratsversicherung enthält die Klausel: „Entschädigt werden auch versicherte Sachen, die (…) durch Aufbrechen eines verschlossenen Kraftfahrzeugs entwendet…werden.“ Der Kläger trägt vor, dass er den Pkw sicher verschlossen habe. Wahrscheinlich sei der Pkw vom unbekannten Täter durch eine sog. „Relay Attack“ entriegelt worden, indem das Keyless-Go-System unbefugt mit einem Funksignal überwunden wurde. Er meint, dass auch eine unbefugte Öffnung des Pkw per Funksignal unter den Begriff „Aufbrechen“ falle. Die Beklagte ist der Auffassung, dass keine Einstandspflicht bestehe, da es vorliegend an einem „Aufbrechen“ fehle. Hierfür sei mehr erforderlich als jedes unbefugte Öffnen. Die Verwendung eines falschen Schlüssels sei aber gerade nicht gleichzusetzen mit einem „Aufbrechen“.
Das AG München hat die Klage gegen die Hausratversicherung auf Zahlung in Höhe von 3.314,72 Euro abgewiesen.
Nach Auffassung des Amtsgerichts fällt das vom Kläger vermutete unbefugte Öffnen des Pkw per Funksignal nicht unter die Versicherungsbedingungen der Beklagten. Der Wortlaut des Begriffs „Aufbrechen“ sei eindeutig. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch (und auch der Definition des Duden) umfasse ein entsprechendes Vorgehen die Anwendung von Gewalt. Auch wenn nicht zwangsläufig eine Beschädigung der Sache erforderlich sei, falle unter „Aufbrechen“ nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sicher nicht jedes unbefugte Öffnen mittels Verstärkung eines Funksignals oder Verwendung eines „falschen“ Funksignals.
Für die Kosten- und Risikokalkulation der Beklagten sei es zwangsläufig erforderlich, dass der Versicherungsumfang (und damit ihre zu erwartenden Risiken) klar abgegrenzt seien. Es könnten nicht einfach (später) zusätzliche versicherte Risiken durch Auslegung entgegen eines eindeutigen Wortlauts in den Vertrag aufgenommen werden.
Für eine unterschiedliche Behandlung dieser Fälle spreche auch die Nachprüfbarkeit durch die Beklagte und die Beweislage. Bei dem versicherten gewaltsamen Aufbrechen dürften in der Regel Spuren hinterlassen werden. Im Fall einer elektronischen Überwindung per Funksignal könnte die Abgrenzung zum schlichten Vergessen des Absperrens durch den Versicherungsnehmer nur deutlich unsicherer anhand der Angaben des Versicherungsnehmers und ggf. Zeugen erfolgen. Für die Beklagte wäre dies kaum nachprüfbar, und es bestehe eine nicht unerhebliche Missbrauchsgefahr. Ein Versicherungsnehmer könne damit nicht davon ausgehen, dass auch ein unbefugtes Öffnen des Pkw ohne Anwendung von Gewalt einen Versicherungsfall darstellen sollte.
Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung am 25.09.2020 rechtskräftig.