Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat mit Beschluss vom 29.09.2020 zum Aktenzeichen L 11 AS 508/20 B ER entschieden, dass die Sonderregelungen des Sozialschutzpakets auch für Neuanmietungen gelten, so dass Hartz-IV-Empfänger vorübergehend die Übernahme der vollen Mietkosten auch für eine gerade erst neu bezogene zu teure Wohnung verlangen können.
Aus der Pressemitteilung des LSG Celle-Bremen Nr. 21/2020 vom 19.10.2020 ergibt sich:
In der Sache ging es um eine Familie aus der Region Hannover, die mit damals vier Kindern in einer Vierzimmerwohnung lebte. Nach der Geburt des sechsten Kindes zog die Familie zum September 2020 in ein Einfamilienhaus mit sechs Zimmern, für das eine monatliche Kaltmiete von 1.300 Euro zu zahlen war. Das Jobcenter verweigerte die Übernahme der vollen Mietkosten, da die Angemessenheitsgrenze für einen Achtpersonenhaushalt nach üblichen Maßstäben bei 919 Euro liegt.
Das LSG Celle-Bremen hat das Jobcenter zur vorübergehenden Übernahme der vollen Mietkosten verpflichtet.
Nach Auffassung des Landessozialgerichts sieht die neue Regelung des § 67 Abs. 3 SGB II vor, dass in Corona-Zeiten für die Dauer von sechs Monaten keine Prüfung erfolgen solle, ob die von den Leistungsbeziehern für ihre Wohnung zu zahlende Miete zu teuer sei. Dies gelte nicht nur für seit Langem bewohnte Wohnungen, sondern auch für eine gerade erst neu bezogene zu teure Wohnung.
Darüber finden die Regelungen auch Anwendung, obwohl weder die Hilfebedürftigkeit der Familie noch ihr Umzug direkt auf die Corona-Pandemie zurückzuführen seien. Eine Ursächlichkeit zwischen dem Eintritt der Hilfebedürftigkeit und der epidemischen Lage sei ausdrücklich nicht erforderlich. Die Norm sei nach der Kommentarliteratur möglicherweise sogar auf exorbitant hohe Mieten bzw. Luxusmieten anwendbar, da es sich um eine unwiderlegbare Fiktion handele. Eine Begrenzung finde aufgrund ihres weitreichenden Wortlautes eben nicht statt. Aufgrund der zeitlichen Beschränkung des Sozialschutzpakets erfolge die Übernahme der zu teuren Miete allerdings nur vorübergehend, nämlich im konkreten Fall für fünf Monate.