Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat am 20.04.2020 zum Aktenzeichen 7 U 225/19 entschieden, dass dann, wenn eine Engstelle vorliegt, die das gleichzeitige Passieren nicht möglich macht, dann eine Verständigung der beteiligten Fahrzeugführer darüber stattfinden muss, wer die Fahrt fortsetzen soll.
Aus der Pressemitteilung des DAV VerkR Nr. 10/2021 vom 24.03.2021 ergibt sich:
Ist der Vorrang geregelt (Verkehrszeichen 208 – roter und schwarzer Pfeil), gilt dies für den gesamten Streckenverlauf der Engstelle. Der Wartepflichtige muss seine Geschwindigkeit stark reduzieren, wenn er die Engstelle in einer Kurve nicht ganz einsehen kann. Notfalls muss er anhalten und zurücksetzen.
Die beiden Fahrzeuge kollidierten in einer engen Kurve. Dort war es so eng, dass nur ein Fahrzeug durchpasste. An beiden Seiten der Kurve gab es Büsche und Bäume, die die Einsicht erschwerten. Die Beklagte hatte mit dem Verkehrszeichen „roter und schwarzer Pfeil“ den Vorrang vor der Klägerin. Die Klägerin meinte, in die Kurve mit einer Geschwindigkeit von 45-50 km/h eingefahren zu sein.
Das Landgericht sah eine Mithaftung der Klägerin von 70 Prozent als gegeben an.
Diese Einschätzung bestätigte das Oberlandesgericht.
Beide hätten gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme verstoßen. Denn sie hätten sich, als sie in der Engstelle nebeneinanderstanden, sich zwar ausgetauscht, allerdings nicht darüber, wie die Situation aufgelöst werden könnte. Dies ist jedoch Voraussetzung beim Passieren von Engstellen. Die Klägerin hafte überwiegend, da sie Vorrang der Beklagten nicht beachtete. Sie hatte zwar ausgeführt, dass sie die Beklagte aufgrund der Bäume und Büsche nicht habe sehen können. Dies überzeugte das Gericht jedoch nicht: Dann hätte sie viel langsamer in die Kurve fahren müssen, als mit den von ihr angegebenen 40-50 km/h. Sie hätte sicherstellen müssen, dass kein Fahrzeug entgegenkommt. Im Zweifel hätte sie dann rechtzeitig anhalten und zurücksetzen müssen.