Das Verwaltungsgericht Würzburg hat mit Beschluss vom 23.11.2020 zum Aktenzeichen W 8 S 20.1793 im vorläufigen Rechtsschutzverfahren entschieden, dass die für einen Schüler angeordnete häusliche Quarantäne als Kontaktperson der Kategorie I wegen eines positiv auf das Coronavirus getesteten Mitschülers im konkreten Fall rechtswidrig war.
Aus der Pressemitteilung des VG Würzburg vom 24.11.2020 ergibt sich:
Der Antragsteller, ein 12jähriger Schüler, wandte sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Anordnung der häuslichen Quarantäne als Kontaktperson der Kategorie I. Nachdem ein Mitschüler der Klasse des Antragstellers positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden war, wurden die Schüler seiner Klasse mittels Schreiben des Gesundheitsamtes darüber informiert worden, dass sie als Kontaktpersonen der Kategorie I eingestuft worden seien und eine 14tägige häusliche Quarantäne bis einschließlich zum 26.11.2020 für sie angeordnet werde. Nach Angaben des Antragstellers hatte er keinen engen Kontakt mit der positiv getesteten Person, also einen Abstand von weniger als 1,5 m für mindestens 15 Minuten. Zudem hat er eidesstattlich versichert, dass das Klassenzimmer über drei vollständig zu öffnende Fenster verfügt und im Unterricht regelmäßig alle 20 Minuten durch Öffnen von Fenster und Türen quergelüftet worden ist.
Das VG Würzburg hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anordnung der häuslichen Quarantäne durch den Antragsgegner angeordnet, soweit sich die Quarantäneanordnung auf die Person des Antragstellers bezieht.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts qualifiziert sich das Schreiben als Verwaltungsakt. Der Antragsteller habe glaubhaft dargelegt, dass er nach den Kriterien des RKI (Robert-Koch Instituts) keinen engen Kontakt mit der positiv getesteten Person gehabt habe, also einen Abstand von weniger als 1,5 m für mindestens 15 Minuten. Es liege auch kein Fall vor, bei dem ein Kontakt nach den RKI-Kriterien – unabhängig vom konkreten Abstand zur betreffenden Person – wegen der hohen Konzentration infektiöser Aerosole im Raum als Kontakt der Kategorie I einzustufen wäre.
Zwar sei die Unterrichtssituation in einem Klassenzimmer grundsätzlich geeignet, einen Kontakt der Kategorie I zu begründen und werde vom RKI auch ausdrücklich als Regelbeispiel benannt. Das RKI gebe zur konkreten Bewertung jedoch weitere Kriterien vor (z.B. Dauer, Räumlichkeiten und Aerosol-Emissionen). Es müsse eine Dauer von größer als 30 Minuten des gemeinsamen Aufenthalts in einem Raum mit hoher Konzentration infektiöser Aerosole gewesen sein.
Der Antragsteller habe eidesstattlich versichert, dass das Klassenzimmer über drei vollständig zu öffnende Fenster verfüge und im Unterricht regelmäßig alle 20 Minuten durch Öffnen von Fenster und Türen quergelüftet worden sei. Unter Berücksichtigung der konkreten Räumlichkeiten (Altbau mit Raumhöhe über 3 m), und der Ausgestaltung des Unterrichts (Klassenzimmer nicht voll besetzt; kein Singen oder lautes Sprechen) könne davon ausgegangen werden, dass das intensive Lüften bereits eine hohe Konzentration infektiöser Aerosole effektiv verhindert habe. Damit fehle es bereits an den Voraussetzungen für eine Einstufung als Kontakt der Kategorie I.
Des Weiteren habe das Gesundheitsamt die konkrete Einstufung des Antragstellers als Kontaktperson der Kategorie I nicht näher begründet. Da die Einstufung in der vorliegenden Fallkonstellation nur „optional“ sei, hätte es zudem einer eigenständigen Ermessensentscheidung bedurft.
Nach alledem spreche alles dafür, dass die streitgegenständliche Anordnung bezogen auf die Person des Antragstellers rechtswidrig und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt sei.
Die Entscheidung beziehe sich aber nur auf die Person des Antragstellers. Die Quarantäneanordnung für die anderen von ihr erfassten Schüler, insbesondere in der Klasse des Antragstellers, bleibe wirksam und gelte fort. Anders als im Einzelfall des Antragstellers könnten seine Mitschüler zumindest teilweise auch aufgrund engen Kontakts unter die Kategorie I fallen.