Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 01.06.2023 zum Aktenzeichen 8 C 3.22 entschieden, dass wenn ein Antrag auf Genehmigung des eigenwirtschaftlichen Betriebs eines Buslinienbündels fristgerecht gestellt wird, ohne alle Anforderungen der Vorabbekanntmachung des Aufgabenträgers zu erfüllen, kommt seine nachträgliche Ergänzung grundsätzlich nicht in Betracht, wenn ein anderer fristgerechter, eigenwirtschaftlicher Antrag sämtliche Anforderungen erfüllt und auch sonst genehmigungsfähig ist.
Aus der Pressemitteilung des BVerwG Nr. 43/2023 vom 01.06.2023 ergibt sich:
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung für den Betrieb eines Buslinienbündels nach dem Personenbeförderungsgesetz. Der beklagte Kreis als Aufgabenträger hatte in einer Vorabbekanntmachung zur Abgabe entsprechender Angebote an das ebenfalls beklagte Land als Genehmigungsbehörde aufgefordert und eine verbindliche Zusicherung zu bestimmten Qualitätsstandards verlangt. Die Klägerin und die Beigeladene reichten binnen der gesetzten Frist Anträge ein. Der Antrag der Klägerin enthielt alle geforderten Zusicherungen, jener der Beigeladenen nicht. Letztere reichte die fehlende Zusicherung nach Fristablauf unaufgefordert nach. Die Beklagten berücksichtigten die Ergänzung bei der Prüfung der Anträge. Die Beigeladene erhielt die beantragte Genehmigung, weil ihr ergänzter Antrag die bessere Verkehrsbedienung anbot. Der Antrag der Klägerin wurde abgelehnt.
Die Klägerin hat gegen beide Entscheidungen nach erfolglosem Widerspruch Klage erhoben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Ergänzung des Antrags der Beigeladenen habe nach § 12 Abs. 6 Satz 2 PBefG berücksichtigt werden dürfen. Die Norm ermögliche die Zulassung verspäteter Anträge und – erst recht – die Ergänzung rechtzeitiger Anträge nach Fristablauf. Rechte der Klägerin würden hierdurch nicht verletzt.
Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte Erfolg. Das beklagte Land durfte die Ergänzung des Genehmigungsantrags der Beigeladenen nicht berücksichtigen. Die Ermächtigung zur Zulassung verspäteter Anträge nach § 12 Abs. 6 Satz 2 PBefG ist auf nachträgliche Antragsergänzungen jedenfalls dann nicht anwendbar, wenn innerhalb der Drei-Monats-Frist des § 12 Abs. 6 Satz 1 PBefG wenigstens ein die Voraussetzungen der Vorabbekanntmachung erfüllender und auch ansonsten genehmigungsfähiger eigenwirtschaftlicher Antrag eingeht. Ob in solchen Fällen eine Ergänzung nach § 12 Abs. 5 Satz 5 PBefG in Betracht kommt, bedurfte vorliegend keiner Entscheidung. Denn nachträgliche Ergänzungen von Anträgen sind hiernach nur zulässig, wenn sie von der Genehmigungsbehörde im öffentlichen Verkehrsinteresse angeregt worden sind. An einer solchen Anregung fehlte es. Ohne die Ergänzung war der Antrag der Beigeladenen auch nicht nach § 13 Abs. 2a Satz 2 und 3 PBefG genehmigungsfähig. Nach dieser Vorschrift kann die Genehmigungsbehörde zwar im Einvernehmen mit dem Aufgabenträger Abweichungen von den Anforderungen der Vorabbekanntmachung zulassen. Dies darf aber nur in Übereinstimmung mit dem Zweck der Ermächtigung geschehen. Er besteht darin, dem Aufgabenträger eine gemeinwirtschaftliche Vergabe zu ersparen, wenn kein fristgerechter und auch sonst genehmigungsfähiger Antrag die Anforderungen der Vorabbekanntmachung erfüllt. Das war hier wegen des Antrags der Klägerin nicht der Fall.