Der Europäische Gerichtshof hat am 14.10.2021 zum Aktenzeichen C-231/20 sein Urteil zur Verhältnismäßigkeit der Sanktionen bei Verstoß gegen das staatliche Glücksspielmonopol verkündet.
Aus der Pressemitteilung des EuGH vom 14.10.2021 ergibt sich:
MT beanstandet vor dem österreichischen Verwaltungsgerichtshof die Sanktionen, die gegen ihn wegen unternehmerischer Zugänglichmachung verbotener Ausspielungen verhängt wurden.
Nach einer ersten gerichtlichen Herabsetzung geht es um eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt 40 000 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt zehn Tagen für die zehn Glücksspielautomaten, die die von MT vertretene Gesellschaft für einen slowakischen Glücksspielveranstalter in einem bestimmten Lokal zugänglich gemacht hatte. Außerdem wurde MT ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens in Höhe von 4 000 Euro vorgeschrieben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat den EuGH in diesem Zusammenhang um Auslegung von Art. 56 AEUV [Freier Dienstleistungsverkehr] und Art. 49 Abs. 3 [Verhältnismäßigkeit von Strafen] der EU-Grundrechte-Charta ersucht.
Mit seinem Urteil von heute antwortet der EuGH dem österreichischen Verwaltungsgerichtshof wie folgt:
- Art. 56 AEUV [Freier Dienstleistungsverkehr] ist dahin auszulegen, dass das nationale Gericht, das mit der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer wegen Verstoßes gegen das Glücksspielmonopol verhängten Sanktion befasst ist, in einem Verfahren über die Verhängung von Sanktionen wegen eines solchen Verstoßes speziell prüfen muss, ob die in der anwendbaren Regelung vorgesehenen Sanktionen unter Berücksichtigung der konkreten Methoden für deren Bestimmung mit Art. 56 AEUV vereinbar sind.
- Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die im Fall der unternehmerischen Zugänglichmachung verbotener Ausspielungen Folgendes zwingend vorsieht:
– die Festsetzung einer Mindestgeldstrafe für jeden nicht bewilligten Glücksspielautomaten ohne Höchstgrenze der Gesamtsumme der verhängten Geldstrafen, sofern der Gesamtbetrag der verhängten Geldstrafen nicht außer Verhältnis zu dem durch die geahndeten Taten erzielbaren wirtschaftlichen Vorteil steht;
– die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe für jeden nicht bewilligten Glücksspielautomaten ohne Höchstgrenze der Gesamtdauer der verhängten Ersatzfreiheitsstrafen, sofern die Dauer der tatsächlich verhängten Ersatzfreiheitsstrafe im Hinblick auf die Schwere der festgestellten Taten nicht übermäßig lang ist, und
– einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen, sofern dieser Beitrag im Hinblick auf die tatsächlichen Kosten eines solchen Verfahrens weder überhöht ist noch das in Art. 47 der Charta verankerte Recht auf Zugang zu den Gerichten verletzt.
Zu Antwort 1 weist der Gerichtshof u.a. darauf hin, dass das nationale Gericht, das mit der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer wegen Verstoßes gegen das Glücksspielmonopol verhängten Sanktion befasst sei, speziell zu prüfen habe, ob diese Beschränkung mit Art. 56 AEUV vereinbar sei, auch wenn bereits entschieden worden sei, dass die übrigen Beschränkungen im Zusammenhang mit der Errichtung dieses Monopols mit dieser Bestimmung vereinbar seien.
Zu Antwort 2 führt der Gerichtshof u.a. aus, dass es Sache des nationalen Gerichts sei, sich im Einzelfall zu vergewissern, dass die Strafen bzw. der Beitrag zu den Kosten verhältnismäßig seien.