Das Verwaltungsgericht Freiburg (Breisgau) hat am 21.07.2021 zum Aktenzeichen 4 K 2188/21 auf den Eilantrag der Mitglieder der Fraktion des Freiburg Gemeinderats „JUPI – jung urban polarisierend inklusiv“ entschieden, dass das von der Stadt Freiburg für den Platz der Alten Synagoge angeordnete „Glasverbot“ voraussichtlich rechtswidrig ist.
Aus der Pressemitteilung des VG Freiburg vom 22.07.2021 ergibt sich:
Die Stadt Freiburg hat für den in der Freiburger Innenstadt gelegenen Platz der Alten Synagoge mit sofort vollziehbarer und bis einschließlich 01.08.2021 befristeter Allgemeinverfügung vom 08.07.2021 das Mitführen von Getränkebehältnissen aus Glas an den Wochenenden (Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag) zwischen 20:00 Uhr und 5:00 Uhr untersagt. Ein solches „Glasverbot“ hatte sie bereits für die beiden Wochenenden zuvor angeordnet, nachdem es an den Wochenenden vom 28.05.2021 bis 19.06.2021 zu großen Menschenansammlungen auf dem Platz und insbesondere zu Flaschenwürfen gegen die Polizei gekommen war. Gegen die Allgemeinverfügung vom 08.07.2021 richtet sich der von den Mitgliedern der Gemeinderatsfraktion „JUPI“ sowie von dieser Fraktion selbst beim Verwaltungsgericht gestellte Eilantrag. Dem gab das Verwaltungsgericht teilweise und im Wesentlichen mit folgender Begründung statt:
Der von den Mitgliedern der Gemeinderatsfraktion „JUPI“ gestellte Antrag sei (nur) zulässig, soweit sie sich als Privatpersonen gegen das „Glasverbot“ wendeten und eine Verletzung ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG geltend machten. Der Antrag sei auch begründet, da das auf die polizeiliche Generalklausel gestützte „Glasverbot“ wohl nicht (mehr) rechtmäßig sei. Es fehle an der erforderlichen konkreten Gefahr. Hinsichtlich der Gefahr, dass herumstehende Flaschen von Nutzern des Platzes als Wurfgeschosse benutzt werden könnten, sei nicht feststellbar, dass entsprechende Straftaten mit solchen Flaschen begangen würden, welche friedliche Platznutzer achtlos zurückgelassen hätten. Den Polizeiberichten lasse sich entnehmen, dass die Flaschenwürfe aus Gruppen heraus erfolgt seien. Damit liege es eher nahe, dass es sich um Flaschen gehandelt habe, die diese Personen bereits bei sich stehen gehabt hätten. Die übergroße Mehrzahl friedlicher Nutzer des Platzes verursache nicht unmittelbar die Gefahr von Flaschenwürfen auf Personen und sei daher für die Abwendung der Gefahr nicht verantwortlich zu machen. Zudem habe sich die Lage an den letzten Wochenenden offensichtlich entspannt. Dass dies im Wesentlichen auf das Glasverbot zurückzuführen wäre, nehme auch der Polizeivollzugsdienst nicht an.
Das „Glasverbot“ könne auch nicht mit Verletzungsgefahren durch Glasscherben begründet werden. Zwar bestünden keine Zweifel daran, dass vor Einführung des „Glasverbots“ nicht unerhebliche Mengen an Glasscherben auf dem Platz der Alten Synagoge vorhanden waren. Den von der Stadt Freiburg vorgelegten Berichten lasse sich aber nicht entnehmen, dass es zu (Schnitt-)Verletzungen gekommen wäre. Darüber hinaus sei auf Lichtbildern von dem verschmutzten Platz nicht zu erkennen, dass es zu einer massiven Belastung durch Glasbruch gekommen sei, wie dies wohl für ein allgemeines Glasverbot, wie es hier verhängt worden sei, erforderlich wäre.
Das „Glasverbot“ sei auch deshalb nicht erforderlich, weil der Polizeivollzugsdienst je nach Lage im Einzelfall anordnen könne, dass Glasbehältnisse wegzuräumen und bereitgestellte Glassammelbehälter zu nutzen seien. Zudem gehe das Verbot zu weit, da nach dem Wortlaut der Allgemeinverfügung auch solche Personen erfasst seien, die den Platz der Alten Synagoge lediglich passieren und dort nicht verweilen wollten.
Der von der Gemeindefraktion „JUPI“ selbst gestellte Eilantrag sei unzulässig, da sie durch die Allgemeinverfügung nicht in eigenen Rechten verletzt werde. Ihr stünden im Verhältnis zur Stadt Freiburg keine Grundrechte, sondern allein Rechte als Organ des Gemeinderats zu. Soweit sie geltend mache, der Oberbürgermeister sei für die Allgemeinverfügung nicht zuständig gewesen, sei dies unerheblich, da sich der Eilantrag nicht gegen diesen, sondern gegen die Stadt Freiburg richte. Im Übrigen liege der behauptete Kompetenzverstoß offensichtlich nicht vor, da es sich um eine Maßnahme der Ortspolizeibehörde handle.
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim einlegen.