Das Landgericht Heidelberg hat mit Urteil vom 30.07.2020 zum Aktenzeichen 5 O 66/20 entschieden, dass ein Gewerbemieter weiter die Miete für die Zeit der behördlichen Schließungsanordnung (lock-down) an seinen Vermieter zahlen muss.
Die Parteien streiten über die Auswirkungen der wegen der Coronaverordnung erfolgten Anordnung der Schließung der Filiale der Beklagten vom 18.03.2020 bis 19.04.2020. Die Beklagte hat deshalb die Miete für April 2020 nicht gezahlt.
Die Kläger sind die Vermieter und die Beklagte ist die Mieterin der Geschäftsräume
Die Kläger haben aus § 535 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung der Aprilmiete 2020 in Höhe von 5.081,98 € gegen die Beklagte.
Die Beklagte kann die Miete für den Zeitraum der Filialschließung vom 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 auch weder nach § 536 Abs. 1 BGB mindern, noch liegt eine Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung nach § 275 BGB mit der Folge des § 326 Abs. 1 BGB vor.
Eine ausdrückliche vertragliche Regelung, wie beispielsweise Haftungsausschlüsse oder -beschränkungen oder eine Force-Majeure-Klausel, enthält der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag bzw. Nachtrag Nr. 1 für den vorliegenden Fall einer behördlich angeordneten Ladenschließung nicht, weshalb sich die Mietzahlungspflicht vorrangig nach dem mietrechtlichen Sachmängelgewährleistungsrecht gemäß §§ 536 ff. BGB bestimmt.
Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht.
Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben liegt im vorliegenden Fall kein Sachmangel vor. Die hoheitlichen Maßnahmen dienen im vorliegenden Fall dem Schutz der Bevölkerung vor allgemeinen gesundheitlichen Gefahren. Sie knüpfen nicht unmittelbar an die konkrete Beschaffenheit der Mietsache an, sondern allein an den Betrieb des jeweiligen Mieters. Die Maßnahmen stellen dabei nicht auf die konkreten baulichen Gegebenheiten ab, sondern allgemein auf die Nutzungsart sowie den Umstand, dass in den betroffenen Flächen Publikumsverkehr stattfindet und dies Infektionen begünstigt (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, Daßbach/Bayrak, Corona-Krise und vertragliche Risikoverteilung, NJ 2020, 185, Leo/Götz, Fälle und Lösungen zum Schicksal der Mietzahlungspflicht des Gewerberaummieters in COVID-19-Zeiten, NZM 2020, 402).
Daran ändert auch nichts, dass die streitgegenständlichen Gewerberäume im vorliegenden Fall zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs vermietet wurden und sich aus der Kurzbaubeschreibung ergibt, dass es sich um ein K.-Ladenlokal handeln sollte. Denn die Mietsache ist zu diesem Zweck weiterhin in gleicher Weise geeignet wie vor dem hoheitlichen Einschreiten. Untersagt ist lediglich dessen Betrieb und zwar losgelöst von Fragen der Beschaffenheit oder Lage der Mietsache. Dieser Umstand fällt jedoch in den Risikobereich des Mieters.
Es liegt auch kein Fall der Unmöglichkeit für die Kläger nach § 275 BGB vor, mit der Folge des Entfalls der Gegenleistungspflicht für die Beklagte nach § 326 Abs. 1 BGB.
Nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung, wenn der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zu leisten braucht. § 275 Abs. 1 BGB regelt dabei, dass der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen ist, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.
Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB besteht die Hauptleistungspflicht des Vermieters darin, dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen
Gemessen an dem, ist den Klägern als Vermieter die Hauptleistungspflicht, nämlich die Überlassung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand, zwischen dem 18.03.2020 und 19.04.2020 nicht unmöglich gewesen. Nach dem Mietvertrag erfolgte die Vermietung zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs. Zwar konnte die Beklagte die streitgegenständliche Mietsache im vorliegenden Fall während der behördlich angeordneten Schließung nicht als Verkaufsräume – als Lagerräume sehr wohl – eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs, nämlich als K.-Ladenlokal, nutzen, dieses Risiko fällt jedoch in deren Verwendungsrisiko. Die Kläger haben der Beklagten die Mietsache, wie es ihrer Hauptleistungspflicht entspricht, in gebrauchstauglichem Zustand bereitgestellt. Der Umstand, dass die Nutzung für die Beklagte nicht wie von ihr beabsichtigt möglich war, liegt nicht an der Sache selbst.
Darüber hinaus ist im vorliegenden Fall auch nicht eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB vorzunehmen.
Außerdem kommt eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht.