Das Bundessozialgericht hat am 30.10.2019 zum Aktenzeichen B 4 KG 1/19 R über die Gewährung eines Kinderzuschlags verhandelt.
Aus der Pressemitteilung Nr. 51/19 vom 30.10.2019 ergibt sich:
Umstritten ist die Gewährung von Kinderzuschlag für April 2016. Der Kläger lebte zusammen mit seiner Ehefrau und fünf Kindern, für die er Kindergeld erhielt. Beide Eheleute waren – wenn auch eingeschränkt – erwerbstätig. Der Kläger bezog Wohngeld für die Familie. Seinen Antrag auf Kinderzuschlag lehnte die beklagte Familienkasse für April 2016 ab, weil das im April für März nachgezahlte Wohngeld i.H.v. 180 Euro nicht als Einkommen im April zu berücksichtigen sei. Bei einem Gesamtbedarf der Familie von 2.702 Euro und dem zu berücksichtigenden Einkommen von insgesamt rund 1.996 Euro könne durch den maximalen Kinderzuschlag von 700 Euro entgegen § 6a Abs 1 Nr. 4 BKGG Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II nicht vermieden werden, es würden rund 6 Euro fehlen (2.702 – 1.996 = 706).
Das Sozialgericht hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger einen Kinderzuschlag zu zahlen, weil das nachgezahlte Wohngeld im April als weiteres Einkommen zu berücksichtigen sei. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht die Klage abgewiesen, weil ebenso wie bei der Nachzahlung von Kinderzuschlag (Hinweis auf BSG vom 25.10.2017 – B 14 AS 35/16 R – BSGE 124, 243 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 82) bei Wohngeld nicht auf den Monat des Zuflusses abzustellen sei.
Mit seiner vom Landessozialgericht zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG, § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Rechtsprechung zum Kinderzuschlag sei nicht auf das Wohngeld übertragbar.
Das BSG hat auf die Revision des Klägers das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und die Berufung der beklagten Familienkasse gegen das der Klage überwiegend stattgebende Urteil des Sozialgerichts zurückgewiesen.
Nach Auffassung des BSG hat der Kläger für April 2016 Anspruch auf Kinderzuschlag, weil das für März nachgezahlte Wohngeld im April als Einkommen zu berücksichtigen ist und demgemäß durch die Zahlung des Kinderzuschlags Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II vermieden wird. Für nachgezahltes Wohngeld ist im Unterschied zu nachgezahltem Kinderzuschlag keine Ausnahme von der Berücksichtigung im Zuflussmonat zu machen (vgl. zu modifizierter Zuflusstheorie und Kinderzuschlag: BSG vom 25.10.2017 – B 14 AS 35/16 R – BSGE 124, 243 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 82), weil es an einer entsprechenden normativen Grundlage fehlt und auch systematische Gründe nicht für eine Ausnahme sprechen. Vielmehr unterliegt die Abgrenzung der Leistungen nach dem SGB II und dem WoGG einem differenzierten Regelungsgeflecht, aufgrund dessen sich die Leistungen nicht zwingend wechselseitig ausschließen.