Spätestens 2050 sollen in der EU nicht mehr Treibhausgase ausgestoßen werden als gleichzeitig durch Wälder, Moore oder andere CO2-Senken gebunden werden.
Aus der Pressemitteilung des EP vom 17.05.2021 ergibt sich:
Diese Klimaneutralität wird Regionen und Branchen besonders stark treffen, die heute noch stark auf den Einsatz fossiler Brennstoffe setzen oder viele Treibhausgase freisetzen wie die Viehzucht oder die Herstellung von Beton.
Der Just Transition Fund (JTF) soll das wichtigste Instrument der EU werden, um die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Kosten des Übergangs zur Klimaneutralität bis 2050 zugunsten der am stärksten betroffenen Gebiete zu mildern. Im Dezember 2020 erzielten das Europäische Parlament und der Rat eine vorläufige Einigung über die Einrichtung des Fonds. Am 18. Mai wird das Parlament im Plenum darüber abstimmen.
Strukturwandel unterstützen
Um weniger Treibhausgase zu emittieren, müssen die EU-Regionen ihre Wirtschaft umstrukturieren oder diversifizieren. Durch den dafür erforderlichen Kohleausstieg stehen auch Regionen in Deutschland wie die Lausitz, das Mitteldeutsche Revier und das Rheinische Revier vor großen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen. In Deutschland sieht die EU-Kommission in ihrem Gesetzesvorschlag 15 Landkreise und Städte in den Braunkohleregionen im Osten sowie 2 Landkreise im rheinischen Revier für die Förderung vor.
EU-Fördermittel aus dem Just Transition Fund sollen bei der Bewältigung dieser Herausforderungen helfen. Der notwendige Strukturwandel hin zu einer CO2-neutralen Produktions- und Lebensweise muss dabei sozial abgefedert sein, den Bedürfnissen vor Ort entgegenkommen und Zukunftsperspektiven für alle bieten, insbesondere für die betroffenen Arbeitskräfte und die Jugend.
Deutschland zweitgrößter Empfänger
17,5 Milliarden Euro stehen für einen gerechten Übergang zur Verfügung: 7,5 Milliarden aus dem Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027, ergänzt durch 10 Milliarden aus dem Corona-Aufbaupaket Next Generation EU. Nach Polen wird Deutschland mit rund 2 Milliarden Euro der zweitgrößte Empfänger sein.
Die JTF-Mittel können durch Mittel ergänzt werden, die auf freiwilliger Basis aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und dem Europäischen Sozialfonds (ESF+) übertragen werden.
Förderumfang auf Kleinstunternehmen und Universitäten erweitert
Das Europäische Parlament hat sich für die Unterstützung der am meisten gefährdeten Gemeinden in den Regionen eingesetzt: Der Anteil der aus EU-Mitteln zu finanzierenden Investitionen (Kofinanzierung) wird damit auf maximal 85 % für weniger entwickelte Regionen (BIP pro Einwohner weniger als 75 % des EU-Durchschnitts), 70 % für Übergangsregionen (BIP pro Einwohner 75 % bis 90 %) und 50 % für stärker entwickelte Regionen (BIP pro Einwohner über 90 %) festgelegt. Eine Kartenansicht des BIP pro Kopf findet sich beispielsweise bei Eurostat.
Die Europaabgeordneten konnten in den Verhandlungen mit dem Rat auch einen erweiterten Anwendungsbereich des Fonds durchsetzen. Gefördert werden nun auch Kleinstunternehmen, Universitäten und öffentliche Forschungseinrichtungen, digitale Innovationen und Aktivitäten in den Bereichen Bildung und soziale Inklusion. Auch Investitionen in erneuerbare Energien und Energiespeichertechnologien, in Energieeffizienz und Wärmeerzeugung für Fernwärme auf Basis erneuerbarer Energien sowie intelligente und nachhaltige lokale Mobilität sollen aus dem JTF finanziert werden.
Nicht über den Fonds finanziert werden sollen jedoch die Stilllegung oder der Bau von Kernkraftwerken, Tabakverarbeitung und Investitionen in fossile Brennstoffe.
Niklas Nienaß (Die Grünen/EFA), Schattenberichterstatter für den Just Transition Fund, sagte nach der Einigung im Dezember: „Wir müssen dafür sorgen, dass bei der Energiewende niemand auf der Strecke bleibt. Wir müssen Ökologie und soziale Gerechtigkeit zusammen denken. Der Just Transition Fund ist dabei ein wichtiger erster Schritt. Für Strukturstärkung in Kohle-Regionen braucht es jetzt Investitionen in Start-Ups, kleine und mittlere Unternehmen, soziale Projekte und Kulturangebote.“
Gebietsspezifische Pläne der Mitgliedstaaten
Ein zentrales Element des Mechanismus für einen gerechten Übergang wird die Ausarbeitung gebietsspezifischer Pläne für einen gerechten Übergang durch die EU-Staaten sein. Darin müssen sie sich auf die von der Kommission identifizierten Regionen konzentrieren, aber auch für Regionen in äußerster Randlage und Inseln Beträge aus ihren nationalen JTF-Zuweisungen vorsehen.
Die Mitgliedstaaten müssen auch sicherstellen, dass die Pläne mit ihren nationalen Energie- und Klimaplänen im Einklang stehen. Eine Plattform für einen gerechten Übergang wird als zentrale Anlaufstelle dienen, wenn Hilfestellung und Fachwissen im Zusammenhang mit dem gerechten Übergang benötigt werden.
Auf Initiative des Europäischen Parlaments wird ein Anreizsystem für den besonders erfolgreichen Rückgang von Emissionen eingeführt, ein sogenannter „Green Rewarding Mechanism“. Sollten in Zukunft zusätzliche Mittel verfügbar sein, dann erhalten Mitgliedsstaaten, die es schaffen, die Treibhausgasemissionen ihrer Industrieanlagen besonders rasch zu reduzieren, diese zusätzlichen JTF-Mittel bevorzugt.
Hintergrund
Die Europäische Kommission veröffentlichte im Januar 2020 einen Legislativvorschlag zum Fonds für einen gerechten Übergang (Just Transition Fund, JTF) zur Umsetzung der im Europäischen Grünen Deal festgelegten Prioritäten. Ein geänderter Vorschlag im Mai sah eine Aufstockung der Fondsmittel vor. Im Dezember 2020 erzielten Rat und Europäisches Parlament eine Einigung zur Einrichtung und Finanzierung des Fonds, über die im Plenum am 19. Mai abgestimmt wird.