Gaststättenbrand in Remseck: Keine Leistungspflicht der Gebäudeversicherung

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat am 23.04.2020 zum Aktenzeichen 7 U 10/19 entschieden, dass die Gebäudeversicherung für den Brand einer Gaststätte in Remseck nicht eintrittspflichtig ist.

Aus der Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 23.04.2020 ergibt sich:

Im vorliegenden Verfahren streiten die Eigentümer der Gaststätte „Lamm“ in Remseck und ein privater Gebäudeversicherer um die Leistungspflicht des Gebäudeversicherers für ein Brandereignis vom Oktober 2015, dessen Ursache Brandstiftung (unter Verwendung eines Brandbeschleunigers) war. Die Feuerwehr konnte das in Flammen stehende Gebäude löschen, bevor der Brand auf andere Gebäude auf dem Grundstück, insbesondere auch eine Asylbewerberunterkunft, übergreifen konnte und bevor die Gaststätte vollständig niederbrannte. Die Staatsanwaltschaft hat ein gegen die Grundstückseigentümer eingeleitetes Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Auch eine ausländerfeindlich motivierte Straftat Dritter konnte im Zuge der polizeilichen Ermittlungen nicht festgestellt werden. Der private Gebäudeversicherer lehnte Versicherungsleistungen mit der Begründung ab, er sei von seiner Leistungspflicht frei geworden, weil der Brand durch einen der Grundstückeigentümer vorsätzlich herbeigeführt oder veranlasst worden sei. Die klagenden Gebäudeeigentümer stellen eine Beteiligung an der Brandstiftung in Abrede und weisen zusätzlich auf ein fehlendes Motiv ihrerseits an der Brandstiftung hin.
Das LG Stuttgart hat die Klage auf Feststellung der Leistungspflicht des Gebäudeversicherers abgewiesen.

Die Berufung hatte vor dem OLG Stuttgart keinen Erfolg.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist die beklagte Versicherung von ihrer Leistungspflicht frei geworden. Den Beweis, dass der Brand vorsätzlich zumindest unter Mitwirkung der Versicherungsnehmer herbeigeführt wurde, hat der Versicherer, ggf. auch über eine Gesamtschau bewiesener Indizien, zu erbringen. Dabei musste die Beklagte nicht zwingend den Nachweis führen, dass einer der Kläger selbst den Brand vorsätzlich gelegt habe. Ausreichend sei auch, dass einer der Kläger eine, auch unbekannt gebliebene, Person mit der Inbrandsetzung des Gebäudes beauftragt habe.

Davon sei nach ergänzender Beweisaufnahme unter Würdigung der gesamten Umstände auszugehen: Die Brandstiftung erfolgte gezielt und geplant an fünf Stellen im Erdgeschoss, 1. und 2. Obergeschoss mittels ausgebrachten Brandbeschleunigers. Nach den polizeilichen Ermittlungen erfolgte das dafür notwendige Betreten durch eine seitliche Eingangstür. Eine andere Art des Betretens war auszuschließen. Diese Tür fand der zuerst am Brandort eintreffende Feuerwehrmann offen vor. Diese Tür wies nach dem Untersuchungsbericht des Landeskriminalamts keine Einbruchsspuren auf, sondern gezielt angebrachte Trugspuren, die ein Einbrechen vortäuschen sollten. Ein Bewegungsmelder in diesem Bereich wurde gezielt außer Funktion gesetzt. Daraus lasse sich der Schluss ziehen, dass der oder die Täter Vorbereitungshandlungen vor der Tatbegehung vorzunehmen und vorgenommen hatten.

Einer der Kläger hielt sich nach der Beobachtung eines Zeugen am Vorabend des Brandes im Bereich der Gaststätte auf. Er hatte die Möglichkeit, diese von ihm oder einem beauftragten Dritten ablenkenden Vorbereitungsmaßnahmen durchzuführen. Eine Tatbeteiligung anderer Schlüsselinhaber außer den Klägern konnte nach der Beweisaufnahme ausgeschlossen werden. Anhaltspunkte für eine Täterschaft Dritter, die ohne Zutun und Mitwirkung eines der Kläger den Brand gelegt haben könnten, haben die polizeilichen Ermittlungen nicht ergeben. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts war allerdings auch in den Blick zu nehmen, dass den Klägern ein wirtschaftliches Motiv für eine Brandstiftung nicht nachgewiesen werden könne.

Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände war das Oberlandesgericht davon überzeugt, dass einer der Kläger am Vorabend des Brandes Vorbereitungshandlungen ergriffen und sodann ein beauftragter, nicht näher bekannter Dritter den Brand gelegt habe. Dabei wurde auch erwogen, dass die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen die Kläger eingestellt habe. Dem komme zum einen keine Bindungswirkung für das vorliegende Zivilverfahren zu. Zum anderen müsse der Versicherer dem Versicherungsnehmer nicht mit dem für eine strafrechtliche Verurteilung ausreichenden Maß an Gewissheit eine Eigenbrandstiftung nachweisen. Es genüge danach, dass die bewiesenen Indizien in der Gesamtschau für das Gericht ein praktisches Maß an Überzeugung von einer Eigen- oder hier Auftragsbrandstiftung ergeben, das vernünftige Zweifel nahezu völlig ausschließt.

Ein Grund für die Zulassung der Revision zum BGH liegt nicht vor. Den Klägern bleibt die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde.