Das Arbeitsgericht München hat mit Urteil vom 28.05.2019 zum Aktenzeichen 432 C 2881/19 entschieden, das ein Untermietverhältnis bei ungenehmigter Videoüberwachung der Wohngemeinschaft den Untermieter zur fristlosen Kündigung berechtigt.
Aus der Pressemitteilung des Amtsgerichts München vom 07.06.2019 ergibt sich:
Der Vermieter betrieb selbst nur noch ein Büro in der Wohnung, die er ansonsten zimmerweise vollständig untervermietet hat.
Im Mietvertrag befanden sich die Klauseln: „Die Aufstellung von weiteren Möbeln und/oder Elektrogeräten (…) bedarf der ausdrücklichen Zustimmung“, „Vor der Haustür ist zum Schutz der Gemeinschaft eine Kamera angebracht“ und „Ein Bündnis der WG-Mitglieder mit der Absicht anderen WG-Mitgliedern oder dem Vermieter zu schaden, führt zu fristloser Kündigung und zu einem Schadensersatz.“ Ebenso führe ein wiederholter Verstoß gegen die Hausordnung zur fristlosen Kündigung. Die Hausordnung lässt höchstens zwei Besucher und Übernachtungen auch von Herrenbesuchen/Damenbesuchen nur nach vorheriger Genehmigung zu. Gemeinschaftsküche und Etagengänge dürfen nicht für Partys und Feiern benutzt werden. Brotkörnchen am Boden und Müll aus der Küche müssen sofort entfernt werden. Ebenso müssen Kaffeeflecken in den Wohnräumen entfernt werden. „Tipp: Thermoskanne verwenden“. Turnusgemäß hat man an der Kehrwoche teilzunehmen. Bei nicht sorgfältiger Reinigung werden für die Putzfrau 30 Euro plus Anfahrtskosten erhoben. Die Flure werden videoüberwacht!
Der Beklagte kündigte das Untermietverhältnis fristlos, wobei er diverse Pflichtverletzungen des Klägers behauptete und leistete ab August 2018 keine Zahlungen mehr. Der Kläger teilte daraufhin dem Beklagten mit, dass er die vorgenannte Kündigung nur als fristgemäß ordentliche, nicht jedoch als fristlose akzeptiere und verlangt die Miete bis Ende Oktober.
Der zuständige Richter am Amtsgericht München sprach dem Kläger lediglich die zeitanteilige Miete für drei Tage bis zum zugestandenen Zugang der Kündigung am 03.08.2018 zu und gab im Übrigen dem Beklagten Recht.
„Denn die fristlose Kündigung kann jedenfalls auf den unstreitigen Vorwurf der Anbringung, des Betriebs und der unterlassenen Entfernung einer Überwachungskamera im Flur der verfahrensgegenständlichen Wohngemeinschaft gestützt werden. Unbehelflich ist insoweit die Bezugnahme auf § 12 des Mietvertrags und der darin enthaltenen Klausel zur Anbringung einer Kamera. Die diesbezügliche Argumentation des Klägers geht schon deshalb ins Leere, weil die Klausel lediglich eine Regelung zur Anbringung einer Kamera „vor der Haustür“ (also im Freien) enthält. Eine Kamera im Hausflur – mithin vor der/den Zimmertür(en) der WG – ist von dieser Regelung schon nach dem klaren und unmissverständlichen Wortlaut nicht erfasst. Ein diesbezügliches Einverständnis des Beklagten kann daher per se nicht angenommen werden. (…) Es kann insoweit nicht angehen, dass im Bereich des zur gemeinschaftlichen Nutzung überlassenen Flurs, der das Zimmer des Beklagten u. a. mit der Küche und dem Badezimmer verbindet, eine permanente Videoüberwachung stattfindet, zumal die dabei erstellten Aufnahmen durch den Kläger auch noch (unstreitig) regelmäßig ausgewertet wurden. Dabei ist auch und gerade zu berücksichtigen, dass – bei realitätsnaher Betrachtung – das Badezimmer von den Bewohnern nicht immer vollumfänglich bekleidet aufgesucht wird. Hinzu kommt, dass sich hier die Anbringung dieser Kamera nicht ansatzweise auf einen tragfähigen Grund zu stützen vermag. Soweit durch die Kamera etwaige mietrechtliche Pflichtverstöße wie z. B. das unterlassene Schließen der Haustür und/oder die Ordnungsmäßigkeit der Mülltrennung aufgeklärt bzw. überprüft werden sollten, stellt dies freilich keinerlei Rechtfertigungsgrund für die permanente Überwachung dieses gemeinschaftlichen Bereichs der Wohngemeinschaft dar. Belange der Sicherheit der Bewohner mögen zwar teilweise berührt sein, weil eine nicht geschlossene Haustür unbefugten Dritten den Zugang zum Haus erheblich erleichtern kann. Diese lediglich abstrakte Gefahr trägt eine derart eingriffsintensive, permanente Überwachungsmaßnahme aber nicht im Ansatz. Gerade auch vor dem Hintergrund einer gesteigerten datenschutzrechtlichen Sensibilität der Gesellschaft befremdet die Vorgehensweise der Klagepartei in erheblichem Maße. (…) Dem Beklagten war es hier keine weiteren drei Monate bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten, sich den rechtswidrigen Überwachungsmaßnahmen des Klägers auszusetzen.“