Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in Magdeburg hat am 18.02.2021 den Antrag der Betreiberin eines Friseursalons auf Außervollzugsetzung des § 7 Absatz 4 Satz 1 der Neunten Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus (9. SARS-CoV-2) abgelehnt.
Aus der Pressemitteilung des OVG SA Nr. 2/2021 vom 18.02.2021 ergibt sich:
Diese Regelung betrifft die – jedenfalls bis Ende Februar 2021 – angeordnete Schließung von Dienstleistungsbetrieben im Bereich der Körperpflege, u.a. von Friseursalons.
Das Oberverwaltungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die angeordnete Schließung von Friseursalons eine notwendige Schutzmaßnahme ist. Die Corona-Pandemie begründe gegenwärtig eine ernstzunehmende Gefahrensituation, die staatliches Einschreiten nicht nur rechtfertige, sondern zur Vermeidung eines exponentiellen Wachstums der Infektionen mit unmittelbaren, nicht absehbaren Folgen für Gesundheit, Leib und Leben der Bevölkerung mit Blick auf die diesbezüglich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgende Schutzpflicht des Staates gebiete.
Die mit der 9. SARS-CoV-2-EindV in der Fassung der 4. Änderungsverordnung vom 12. Februar 2021 ergriffenen Maßnahmen zielten auf die Verhinderung der (weiteren) Verbreitung der COVID-19-Krankheit ab und seien insbesondere am Schutz von Leben und Gesundheit und der Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems ausgerichtet. Die Zahl der Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus sei trotz der – bereits ergriffenen – Eindämmungsmaßnahmen mit Beginn der Herbst- und Wintermonate in ganz Europa und nahezu allen Regionen Deutschlands mit exponentieller Dynamik angestiegen. Dies habe dazu geführt, dass bereits in zahlreichen Gesundheitsämtern eine vollständige Kontaktnachverfolgung nicht mehr habe gewährleistet werden können, was wiederum zu einer beschleunigten Ausbreitung des Virus beitrage. Hinzugetreten sei die Verbreitung der Mutation des Coronavirus B.1.1.7, die nach ersten Erkenntnissen eine nochmals erhöhte Ansteckungsfähigkeit besitze. Zur Vermeidung einer akuten nationalen Gesundheitsnotlage sei es deshalb weiterhin erforderlich, mit einer befristeten erheblichen Reduzierung der Kontakte in der Bevölkerung insgesamt das Infektionsgeschehen aufzuhalten und die Zahl der Neuinfektionen wieder in die nachverfolgbare Größenordnung von unter 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in einer Woche zu senken.
Zur Erreichung dieses Ziels sei auch die Schließung von Friseursalons ein geeignetes, erforderliches und angemessenes Mittel. Nach den gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnissen erfolge die Übertragung des Virus überwiegend durch Tröpfcheninfektion zwischen Menschen sowie durch Aerosole, die längere Zeit in der Umgebungsluft schwebten und sich z.B. in Innenräumen anreicherten und größere Distanzen überwinden könnten, sowie durch Schmierinfektionen. Durch die Minimierung von Kontakten zwischen Menschen werde mithin die Ausbreitung des Virus eingedämmt. Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege – wie Friseursalons – böten Kontaktmöglichkeiten mit wechselnden Kunden und Gästen, die sich in den Betrieben einfänden, die ohne diesen Anlass nicht zustande kämen. Dabei könne gerade eine Leistung des Friseurhandwerks eine längere Zeitdauer und damit Verweildauer im Betrieb in Anspruch nehmen. Zudem würden die Kontaktmöglichkeiten auf dem Weg zu den Betrieben und die Attraktivität des öffentlichen Raums bei geschlossenen Betrieben reduziert.
Mit der Schließung von Friseurbetrieben bis Ende Februar 2021 werde damit ein Beitrag zu der vom Verordnungsgeber bezweckten befristeten erheblichen Reduzierung der Kontakte in der Bevölkerung insgesamt geleistet.
Zu berücksichtigen sei schließlich auch – so der 3. Senat -, dass die Folgen für die von den Maßnahmen betroffenen Unternehmer durch Hilfsmaßnahmen abgemildert werden und zum 1. März 2021 die Öffnung von Friseurbetrieben zu erwarten sein dürfte.