„Friedensmarsch für Unterdrückte Völker (Palästina, Uyguren)“ darf stattfinden

07. Juni 2021 -

Der Verwaltungsgericht Baden-Württemberg in Mannheim hat am 05.06.2021 zum Aktenzeichen 1 S 1849/21 das Versammlungsverbot der Stadt Mannheim für den „Friedensmarsch für Unterdrückte Völker (Palästina, Uyguren)“ beanstandet.

Aus der Pressemitteilung des VGH BW Nr. 32/2021 vom 05.06.2021 ergibt sich:

Die für den 05.06.2021 ab 16 Uhr angemeldete Demonstration kann daher stattfinden.

Der Eilantrag der Anmelderin der Versammlung (Antragstellerin) gegen das von der Stadt Mannheim (Antragsgegnerin) ausgesprochene Versammlungsverbot hatte damit – anders als erstinstanzlich beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, das gestern Abend den Eilantrag der Antragstellerin abgelehnt hatte – Erfolg. Der Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts gab der VGH statt.

Zur Begründung führt der 1. Senat des VGH aus, ein Versammlungsverbot dürfe nur bei einer unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Sicherheit erlassen werden. Insoweit berufe sich die Antragsgegnerin zu Unrecht auf die Vorkommnisse bei der Pro Palästina-Demonstration am 15. Mai 2021 in Mannheim. Selbst nach dem von der Antragsgegnerin insoweit vorgelegten Polizeibericht vom 15. Mai 2021 sei es dort nur zu „vereinzelten Auseinandersetzungen mit Einsatzkräften“ gekommen, die sich zudem erst nach Auflösung der Versammlung ereignet hätten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könnten jedoch nur konkrete Anhaltspunkte für eine kollektive Unfriedlichkeit einer Versammlung ein Verbot rechtfertigen. Greifbare Anhaltspunkte für eine solche kollektive Unfriedlichkeit der für heute angemeldeten Versammlung habe die Antragsgegnerin dem Gericht jedoch nicht präsentiert.

Auch auf das bei der Demonstration am 15. Mai 2021 mitgeführte Banner mit der Aufschrift „Kindermörder Israel“ könne sich die Antragsgegnerin nicht mit Erfolg berufen. Die Antragsgegnerin habe nicht dargelegt, dass es sich dabei um eine strafbare Volksverhetzung im Sinne von § 130 Abs. 1 StGB gehandelt habe. Zu berücksichtigen sei insoweit, dass eine Volksverhetzung nur vorliege, wenn mit dieser Äußerung zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen bestimmte Bevölkerungsteile aufgefordert oder deren Menschenwürde angegriffen worden sei. Das Banner mit dieser Aufschrift könne auch eine scharfe, aber noch von der Meinungsfreiheit gedeckte Kritik am Verhalten des Staates Israel in der jüngsten Auseinandersetzung in Nahost gewesen sein.

Das Verbrennen einer Flagge des Staates Israel am 15. Mai 2021 könne ein Verbot der heutigen Versammlung ebenfalls nicht begründen. Ein solches Verbrennen sei zwar eine Straftat im Sinne von § 104 StGB und könne daher grundsätzlich versammlungsrechtliche Maßnahmen rechtfertigen. Das Flagge-Verbrennen am 15. Mai 2021 sei jedoch nur durch eine Person und nur nach Auflösung der Versammlung erfolgt. Zudem habe die Antragstellerin ausdrücklich dazu aufgefordert, zur heutigen Versammlung nur Palästina-Flaggen mitzubringen. Die Antragsgegnerin behaupte selbst nicht, dass diese Aufforderung der Antragstellerin nicht ernst gemeint sei.

Der Beschluss ist unanfechtbar.