Das Bayerische Oberste Landesgericht hat mit Urteil vom 23.07.2020 die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft als unbegründet verworfen. Mit seiner Entscheidung bestätigt der Senat den Freispruch des Angeklagten.
Aus der Pressemitteilung Nr. 1 des Bay. Oberst. LG vom 23.07.2020 ergibt sich:
Nach den Feststellungen des Landgerichts Kempten (Allgäu) ist der Angeklagte Stabsfeldwebel der Bundeswehr und befand sich ab dem 12.02.2018 als Mitglied des 7. deutschen Einsatzkontingents auf einer Auslandsmission in Mali. Im Verlauf seines Aufenthaltes in Mali zeigte sich, dass die ihm zur Verfügung gestellten Einsatzstiefel im Auslandseinsatz Trageprobleme auslösten. Bemühungen des Angeklagten, modernere Einsatzstiefel zu erhalten, blieben erfolglos. Am 22.03.2018 nahm der Angeklagte schließlich gebrauchte Einsatzstiefel modernerer Bauart von einer ebenfalls in Mali stationierten Oberstabsärztin an sich.
Da sich die Stiefel der Oberstabsärztin als zu klein herausstellten, wandte sich der Angeklagte an Mitarbeiter der Materialverwaltung und erhielt schließlich im Tausch moderne Einsatzstiefel seiner Größe. Nach den Feststellungen des Landgerichts Kempten standen die Stiefel der Stabsärztin wie auch die eingetauschten Stiefel im Eigentum der Bundeswehr. Dem Angeklagten war nicht nachzuweisen, dass er die Stiefel der Stabsärztin dauerhaft für sich behalten oder außerhalb des Dienstes nutzen wollte. Das Landgericht Kempten ging vielmehr zu seinen Gunsten davon aus, dass er die eingetauschten Stiefel spätestens nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst an die Bundeswehr zurückgeben wollte.
Das Amtsgericht Kempten (Allgäu) verurteilte den Angeklagten am 05.02.2019 wegen Diebstahls in Tatmehrheit mit Betrug zu einer Geldstrafe von 4500 € (75 Tagessätze zu je 60 €). In der Berufung sprach das Landgericht Kempten (Allgäu) den Angeklagten mit Urteil vom 09.12.2019 frei.
Der Senat führt in seiner Begründung aus, dass sich der Angeklagte die im Eigentum der Bundeswehr stehenden Stiefel nicht dauerhaft zueignen wollte. Sie waren der Oberstabsärztin von der Bundeswehr nur zum vorübergehenden Gebrauch überlassen worden. Der Angeklagte wollte die Stiefel anstelle der Oberstabsärztin ebenfalls nur vorübergehend nutzen oder passende Stiefel zum vorübergehenden Gebrauch eintauschen.
Der Senat bestätigte darüber hinaus den Freispruch des Angeklagten, soweit ihm mit der Anklage ein Betrug zur Last gelegt wurde. Der Senat führte hierzu aus, dass sich der Angeklagte durch den Erhalt bequemerer Schuhe keinen Vermögensvorteil verschafft hat. Der Senat verwies darauf, dass vorübergehend überlassene Ausrüstungsgegenstände spätestens bei der Abmusterung an die Bundeswehr zurückgegeben werden müssen. Die Nutzung der Stiefel für dienstliche Zwecke führte deswegen auch nicht zu einem Vermögensvorteil bei dem Angeklagten.
Das Urteil ist damit rechtskräftig. Von dem Urteil des Bayerischen Obersten Landesgericht bleiben etwaige disziplinarische Maßnahmen der Bundeswehr unberührt.