Fotomontage mit SS-Symbolen als Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation

20. Juni 2024 -

Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Urteil vom 27. Juni 2023 zum Aktenzeichen 4 ORs 46/23 über einen Beitrag in den sozialen Medien zu befinden, der eine Fotomontage unter Darstellung eines SS-Obersturmbannführers mit entsprechenden Abzeichen enthielt, entschieden.

Aus der Pressemitteilung des OLG Hamm vom 19.06.2024 ergibt sich:

Im November 2020 postete der Angeklagte eine Fotomontage auf seinem öffentlich einsehbaren Facebook-Profil, um seine kritische Meinung gegenüber der Corona-Politik der Bundesregierung zum Ausdruck zu bringen. Mit dem Text „Ich führe nur Befehle aus“ stellte der Angeklagte eine von ihm im Internet gefundene Fotomontage ein, die auf der einen Seite den betroffenen Polizisten zeigt. Dieses Foto war in seiner Eigenschaft als Pressesprecher der Polizei bei einem G-20-Gipfel veröffentlicht worden. Auf der anderen Seite zeigt das Bild einen SS-Obersturmbannführer, an dessen Mütze das Totenkopfsymbol der SS und an dessen Kragen die doppelte Sig-Rune zu sehen ist.

Das Amtsgericht Paderborn verurteilte den Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Tateinheit mit Beleidigung und verhängte eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15 Euro (insgesamt 600 Euro). Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht ihn stattdessen wegen eines Verstoßes gegen das Recht am eigenen Bild nach dem Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG) zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10 Euro (insgesamt 400 Euro) verurteilt. Die vom Amtsgericht angenommenen Straftatbestände hat es aus Rechtsgründen verneint. Gegen diese Verurteilung haben sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt.

Der 4. Strafsenat ist zu dem Ergebnis gekommen, dass alle drei von den Vorinstanzen in Betracht gezogenen Straftatbestände verwirklicht sind, so dass die Revision der Staatsanwaltschaft Erfolg hatte, die des Angeklagten nicht. Dies führte zu einer entsprechenden Änderung des Schuldspruches. Bei der verhängten Strafe blieb es, da zunächst nur der Angeklagte Berufung eingelegt hatte und damit die vom Amtsgericht verhängte Strafe nicht mehr überschritten werden konnte.

Das Totenkopfsymbol und die doppelte Sig-Rune sind Uniformabzeichen der SS-Verbände der NSDAP und damit Kennzeichen von verfassungswidrigen Organisationen. Eine Einschränkung des Straftatbestandes wegen der Zielrichtung der Veröffentlichung kam hier – anders als das Landgericht angenommen hatte – nicht in Betracht. Der Schutzzweck der Strafvorschrift geht im Sinne eines kommunikativen Tabus auch dahin, solche Zeichen aus dem Bild des politischen Lebens grundsätzlich zu verbannen, damit sie sich nicht wieder einbürgern. Lediglich dann, wenn die Kennzeichen offenkundig zum Zweck der Kritik an der verbotenen Vereinigung oder ihrer Ideologie verwendet werden, muss der Tatbestand eingeschränkt werden. Hier aber richtet sich die Kritik des Angeklagten gegen die heutige Polizei, nicht gegen die SS. Hinzu kommt, dass der Angeklagte mit seinem Vergleich zur heutigen Polizei das untrennbar mit der Massenvernichtung der Juden verbundene Handeln der SS relativiert und verharmlost.

Auch liegt trotz der anzuerkennenden Meinungsfreiheit des Angeklagten eine strafbare Beleidigung vor. Bei der umfassenden Abwägung der Persönlichkeitsrechte des Polizisten und der Meinungsfreiheit des Angeklagten hat das Oberlandesgericht auch berücksichtigt, dass eine Bereitschaft zur Mitwirkung in Staat und Gesellschaft nur erwartet werden kann, wenn für diejenigen, die sich engagieren und öffentlich einbringen, ein hinreichender Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte gewährleistet ist.

Schließlich ist auch das Recht des Polizeibeamten am eigenen Bild verletzt. Die Verwendung des Bildes ist selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn man den G-20-Gipfel als zeitgeschichtliches Ereignis ansieht. Denn allein seine Berufsausübung macht den Polizeibeamten noch nicht selbst zu einer Person der Zeitgeschichte, die die Nutzung des Bildes auch ohne Einwilligung dulden müsste.