Das Thüringer Oberlandesgericht in Jena hat am 08.04.2020 zum Aktenzeichen 1 WS 110/20 die Fortdauer der Untersuchungshaft gegen zwei Thüringer Polizisten angeordnet, denen vorgeworfen wird, Ende September 2019 eine zur Abklärung des Vorwurfs einer Urkundenfälschung und zur Identitätsfeststellung festgehaltene Frau in deren Wohnung gemeinschaftlich sexuell missbraucht und vergewaltigt zu haben.
Aus der Pressemitteilung des Thür. OLG Nr. 1/2020 vom 15.04.2020 ergibt sich:
Gegen die Beschuldigten, die sich seit Anfang Oktober 2019 aufgrund von Haftbefehlen des AG Erfurt in Untersuchungshaft befinden, hat die Staatsanwaltschaft Erfurt im Januar 2020 Anklage erhoben. Nach Zulassung der Anklage und Eröffnung des Hauptverfahrens hat das LG Erfurt Termin zur Hauptverhandlung auf den 30.03.2020 bestimmt und sechs Fortsetzungtermine im April und Mai 2020 festgesetzt.
Nachdem die Präsidentin des LG Erfurt zur Vermeidung der weiteren Ausbreitung des Corona-Virus den Pandemieplan des Landgerichts in Kraft gesetzt und die Empfehlung ausgesprochen hat, bis zum 30.04.2020 – soweit vertretbar – von einer Terminierung abzusehen, hat der Vorsitzende der Zweiten Strafkammer des LG Erfurt die Verhandlungstermine im März und April 2020 aufgehoben und den Beginn der Hauptverhandlung auf den 05.05.2020 verschoben.
Das OLG Jena hat nun entschieden, dass die Fortdauer der Untersuchungshaft auch über sechs Monate hinaus gerechtfertigt ist.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sind die Angeklagten weiterhin einer gemeinschaftlichen Vergewaltigung im besonders schweren Fall in Tateinheit mit gemeinschaftlichem sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung einer Amtstellung dringend verdächtig. Die Haftgründe der Fluchtgefahr und der Verdunkelungsgefahr bestünden fort.
Das Verfahren sei bislang auch in der für Haftsachen erforderlichen Weise gefördert worden. Die aktuellen pandemiebedingten Gefahrenabwehrmaßnahmen im Gesundheitssektor zum Schutz der Gesamtbevölkerung seien ein nachvollziehbarer und wichtiger Grund für die erfolgte Verschiebung der Hauptverhandlung. Die daraus resultierende Verlängerung der Untersuchungshaft hätten die Betroffenen hinzunehmen.
Vor einer Verurteilung kann gegen einen Beschuldigten Untersuchungshaft angeordnet werden, wenn er einer Straftat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund (z.B. Fluchtgefahr oder Verdunkelungsgefahr) vorliegt. Nach § 121 StPO darf die Untersuchungshaft nur dann über sechs Monate hinaus andauern, wenn das Verfahren wegen besonderer Schwierigkeiten, besonders umfangreicher Ermittlungen oder aus anderen wichtigen Gründen noch nicht abgeschlossen werden konnte. Hat die Hauptverhandlung bei Ablauf der 6-Monats-Frist noch nicht begonnen, entscheidet das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft.