Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 05.04.2022 zum Aktenzeichen IX R 27/18 entschieden, dass Steuerbescheide, mit denen eine positive Steuer festgesetzt wird, ausnahmsweise auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam ergehen können, wenn sich unter Berücksichtigung von Anrechnungsbeträgen insgesamt ein Erstattungsbetrag ergibt.
Aus der Pressemitteilung des BFH Nr. 031/22 vom 11.08.2022 ergibt sich:
Im Streitfall reichte der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen des W eine Einkommensteuererklärung für W und dessen Ehefrau beim Finanzamt (FA) ein. Dieses setzte die Einkommensteuer erklärungsgemäß in Höhe von rund 29.000 € fest. Unter Berücksichtigung einbehaltener Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer ergab sich ein Erstattungsbetrag in Höhe von rund 2.500 €. Dagegen wandte sich der Kläger mit Einspruch und Klage und machte geltend, das FA dürfe nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine (förmlichen) Bescheide mehr erlassen.
Dem ist der BFH –wie schon zuvor das Finanzgericht– nicht gefolgt und hat die Handhabung der Finanzverwaltung bestätigt. Zwar dürfen Steuerbescheide nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr ergehen, wenn darin Insolvenzforderungen festgesetzt werden. Vielmehr muss das FA Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zur Tabelle anmelden. Eine Ausnahme gilt für sog. Nullbescheide sowie für Umsatzsteuerbescheide, mit denen eine negative Steuer festgesetzt wird und aus denen sich keine Zahllast ergibt.
Ein vergleichbarer Ausnahmefall liegt nach Ansicht des BFH auch dann vor, wenn sich –trotz positiver Steuer– unter Berücksichtigung von Anrechnungsbeträgen eine Erstattung ergibt. Einem derartigen Bescheid fehlt die abstrakte Eignung, sich auf anzumeldende Steuerforderungen auszuwirken. Denn damit hat das FA keine Insolvenzforderung festgesetzt, die nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgt werden kann.