Das Oberlandesgericht Köln hat am 09.03.2020 zum Aktenzeichen 6 W 25/20 entschieden, dass die irrtümlich erheblich zu geringe Angabe des Kilometerstandes in einem Gebrauchtwagenangebot auf einer Internetplattform (2.040 km statt 204.032 km) irreführend ist, wenn sie aufgrund des Algorithmus der Plattform zu einer blickfangmäßig hervorgehobenen Bewertung als „TOP-Angebot“ führt.
Aus der Pressemitteilung des OLG Köln Nr. 14/2020 vom 20.04.2020 ergibt sich:
Das gelte auch dann, wenn der Verkehr die Diskrepanz zwischen dem Kaufpreis und der angeblich geringen Laufleistung sofort erkenne oder auf einem eingestellten Foto den tatsächlichen Tachostand erkennen könne, so das Oberlandesgericht.
Der Beklagte bewarb auf der Plattform autoscout24.de einen Pkw Golf unter Angabe eines Kilometerstandes von 2.040 km für 1.100 Euro. Tatsächlich betrug der Kilometerstand 204.032 km, was auf einem dem Angebot beigefügten Foto zu erkennen war.
Nachdem der Beklagte die vom Kläger begehrte Unterlassungserklärung abgegeben und dessen vorgerichtliche Kosten erstattet hatte, erklärten beide Parteien den Rechtsstreit für erledigt. Das LG Köln hatte die Kosten dem Kläger mit der Begründung auferlegt, dass eine Irreführung nicht vorliege. Der angesprochene Verkehr würde aufgrund der Diskrepanz den offensichtlichen Eingabefehler erkennen und weiter durch das Foto vom Tachometer ausreichend aufgeklärt. Daran ändere auch die Bewertung als „TOP Angebot“ nichts.
Das OLG Köln hat die Entscheidung des Landgerichts aufgehoben und die Kosten des Verfahrens dem Beklagten auferlegt.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat dem Kläger ein Unterlassungsanspruch aus den §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG zugestanden. Die Angabe eines Tachostandes von nur 2.040 km sei unlauter, weil insbesondere das Verhältnis von Tachostand und Kaufpreis entscheidend für die Bewertung des Angebots durch den Algorithmus der Internetplattform sei. Obwohl das Angebot tatsächlich nicht die Kriterien für die Bewertung als „TOP-Angebot“ erfüllt habe, habe die fehlerhafte Kilometerangabe im Text zu einer Einordnung als ein solches „TOP-Angebot“ geführt. Es liege damit eine blickfangmäßig hervorgehobene unwahre Bewertung vor, die nicht ausreichend aufgeklärt werde. Solange ein Verbraucher nicht wisse, wie sich die Bewertung zusammensetze und er möglicherweise annehme, dass auch noch andere Umstände eine maßgebliche Rolle spielten, bestehe eine Irreführungsgefahr i.S.d. § 5 UWG. Diese bestehe so lange fort, wie das Siegel „TOP-Angebot“ weiterhin gültig sei. Unerheblich sei letztlich, dass die Bewertung seines Angebots als „TOP-Angebot“ nicht durch den Beklagten selbst vorgenommen worden sei, da der Algorithmus jedenfalls auf die von ihm zur Verfügung gestellten Daten zugegriffen und diese ausgewertet habe. Ein schuldhaftes Handeln des Beklagten sei keine Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch gem. § 5 UWG.
Der Beschluss ist rechtskräftig.