Das Amtsgerichts München hat mit Urteil vom 13.02.2019 zum Aktenzeichen 821 Ds 431 Js 188048/18 entschieden, dass ein 36-jähriger Rettungsdiensthelfer aus München wegen Amtsanmaßung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt wird, ihm der Führerschein entzogen wird und eine Sperrfrist für dessen Neuerteilung von fünf Jahren verhängt wird.
Aus der Pressemitteilung Nr. 56 des Amtsgerichts München vom 15.07.2019 ergibt sich:
Am 09.05.2018 gegen 10.15 Uhr fuhr der Angeklagte, der keine amtliche Rettungskraft ist, mit einem Rettungswagen auf der Prinzregentenstraße in München. Das Fahrzeug war ihm zur Durchführung von Reparaturarbeiten in einer Werkstatt übergeben worden. Ohne Berechtigung schaltete er die Sondersignale Blaulicht und Horn an. Wie beabsichtigt, hielten ihn andere Verkehrsteilnehmer für eine amtliche Rettungskraft und machten ihm durch Spurwechsel und Anhalten an einer für sie Grünlicht, für den Angeklagten Rotlicht zeigenden Ampel an der Kreuzung zum Oskar-von-Miller-Ring Platz.
Der Angeklagte hatte einen Phantasieausweis (Rettungsdienst) gefertigt, nachdem ihm bereits einmal frühere Phantasieausweise amtlich abgenommen worden waren.
Der Angeklagte erklärte: „Ich gebe zu, dass ich mich rücksichtslos verhalten habe. Mir ging es aufgrund einer schweren Trennung und Sachen, die aus meinem früheren Leben kamen, nicht sehr gut. Mir selbst hat dieses Gefühl Lust bereitet. Ich habe mir jetzt Hilfe gesucht. Ich habe eingesehen, dass es nicht mehr so weitergehen kann. Mir steht seit Sommer 2018 ein Verkehrspsychologe zur Seite. (…) Ich habe das Fahrzeug aus der Rettungswache in K.(…) geholt. Das Fahrzeug habe ich vor meiner Wohnung geparkt. Ich gebe den Vorfall zu; es war rücksichtslos. Ich wollte nur Anerkennung und Aufmerksamkeit erhalten. Meine Familie hat immer gesagt, dass aus mir nichts wird. Meine Prüfung zum Rettungssanitäter habe ich aus Angst und Zweifel nicht abgelegt.“
Das Gericht stellte allerdings fest, dass der Angeklagte bereits im August 2017 eine Tat mit der Trennung begründet hatte. Ihm wurde von seinem jetzigen Arbeitgeber ein kompetenter und von hoher Empathie getragener Umgang mit den Patienten bescheinigt.
Der einvernommene 44jährige Polizeibeamte, der die Tat festgestellt und fotografiert hatte, erklärte, den Verurteilten bereits zwei Tage zuvor an einem See bei einem Rettungsfahrzeug gesehen zu haben, als einem Kollegen einfiel, dass der Angeklagte schon mal bei einem großen Rettungsdienstunternehmen entlassen worden war. Der Angeklagte habe ihm gesagt, „wenn Sie mir diesen Wagen wegnehmen, nehme ich mir den nächsten und mache es wieder“. Bei dem Angeklagten würde wohl gar nichts fruchten.
Die zuständige Richterin begründete ihr Urteil wie folgt:
Zugunsten des Angeklagten war „…zu berücksichtigen, dass er sich vollumfänglich geständig und schuldeinsichtig zeigte. Festzustellen ist insoweit aber auch, dass die Tat ohne weiteres durch die Zeugen hätte nachgewiesen werden können. Der Angeklagte gibt an, an seinem Verhalten zu arbeiten und hat bereits therapeutische Hilfe in Anspruch genommen. Seit Februar 2019 besteht eine verhaltenstherapeutische Maßnahme.
Zu Lasten des Angeklagten sprechen seine Vorstrafen. Das Bundeszentralregister weist elf Eintragungen auf, u. a. mehrere wegen Amtsanmaßung aber auch solche, die auf sein Geltungsbedürfnis hinweisen, zum Beispiel die Prüfung und Ablehnung eines Waffenscheins. Festzustellen ist auch, dass mehrere Verurteilungen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis vorliegen, sowie ein Verstoß gegen das Telefonkommunikationsgesetz (Abhören von Funksprüchen). Der Angeklagte hat im Rahmen zweier offener Bewährungen gehandelt. (…) Er steht zum 6. Mal wegen Amtsanmaßung vor Gericht. (…)
Die Freiheitsstrafe konnte nicht zur Bewährung ausgesetzt werden. (…) Das Gericht hat auch aufgrund der Gesamtumstände erhebliche Zweifel daran, dass er sich allein eine Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe zur Warnung dienen lässt. Die zurückliegenden Vorstrafen sowie sein Verhalten gegenüber dem Zeugen (…) zeigen, dass er jeweils Einsicht vorgibt, aber dann doch uneinsichtig bleibt, weder aus seinen Vorstrafen noch den Gerichtsverhandlungen etwas gelernt hat. Der Vollzug der Freiheitsstrafe ist auch zum Schutz der Bevölkerung unausweichlich. (…)
Der Angeklagte hat durch sein wiederholtes und nachhaltiges Handeln gezeigt, dass er zum Führen eines Kraftfahrzeuges ungeeignet ist. Im Hinblick auf die einschlägigen Vorstrafen und das Voranstellen der eigenen Bedürfnisse über die der anderen Verkehrsteilnehmer war die Höchstdauer des Führerscheinentzugs anzuordnen.“